Donnerstag, 26. März 2015


Fremdes und Vertrautes

Fremde und exotische Länder sehen. Im Urlaub fremdartige Früchte und andere Köstlichkeiten genießen. Sich von der  Sonne an den unendlich weiten, weißen Stränden verwöhnen lassen. Ferne Städte und Kulturen hautnah erleben. Das ist gewiss ein Wunsch vieler Menschen. Es muss ja auch längst kein Traum mehr bleiben. Jährlich reisen unzählige Menschen in die entlegensten Gegenden der Welt. Sie suchen das Unbekannte und möchten das Fremde kennen lernen.

Je ferner aber die Reiseziele, umso fremder sind dann auch die Sitten und Gebräuche dort. Besonders bei dem ungewohnten, fremdartigen Essen meldet sich schon nach kurzer Zeit das Verlangen nach dem vertrauten deutschen Schwarzbrot, nach Bratkartoffeln und gut geräuchertem Schinken. Schon bei dem Gedanken an eine Thüringer Rostbratwurst mit Senf lief mir buchstäblich immer das Wasser im Mund zusammen und ich freute mich schon auf ihren Genuss nach meiner Heimkehr.

Ist das nicht sonderbar? Da packt uns das Fernweh und das Abenteuer lockt uns in die Ferne. Sind wir aber gerade einmal ein paar Tage unterwegs, befällt uns auch schon der Wunsch nach dem Vertrauten, was wir zu Hause oftmals eher als langweilig und abgestanden betrachten. Viele Menschen leben wohl in dieser Spannung. Sie sind oft unzufrieden mit dem, was sie gerade haben. Es ist so selbstverständlich und sie können es nicht schätzen. Der Ort, an dem sie gerade leben, erscheint ihnen viel zu eng und fand. Die Menschen ihrer Umgebung kennen sie nur allzu gut, das Alltägliche verliert schnell seinen Reiz. Die Sehnsucht nach Veränderung wächst in ihnen und treibt so Manchen hinaus in die Fremde.

Fremdes und Vertrautes werden wohl immer in einer gewissen Spannung zu einander bleiben. Diese Ambivalenz liegt selbst im Inneren des Menschen. Manchmal stellt man in bestimmten Entscheidungssituationen fest, dass die eine oder andere Reaktion einen selbst überrascht, ja erschreckt. Sie erscheint einem aus einer bis dahin fremden und tieferen Schicht zu kommen. Als wäre das kein Teil von uns. Wir fragen uns ungläubig: "Bin ich das wirklich, der so denkt, redet und handelt?" Unser uns vertrautes Denken und Handeln wird urplötzlich durchbrochen und ist wie von fremder Hand gesteuert.

Im vertrauten Umfeld und mit uns selbst im Reinen fühlen wir uns sicher und wohl. Das Unbekannte und das Fremde dagegen verunsichert und macht uns sogar oft Angst. Sowohl das Vertraute als auch das Fremde sind aber keine Einbahnstraßen, denn was für mich vertraut ist, das ist einem anderen Menschen eher fremd und suspekt. Genauso ist das für mich Fremde und Unbekannte für andere Menschen ihre vertraute Alltagswelt.  

Wenn wir das wissen und beherzigen, muss dass Vertraute nicht langweilig sein und das Fremdartige wird uns nicht über die Maßen verunsichern. Wir können uns deshalb respektvoll und ohne Vorurteile allem Fremden und Unbekannten nähern und werden dankbar  das uns Vertrauten schätzen und lieben.