Sonntag, 6. Oktober 2019



                                  
Klimawandel“

„Nein, nicht schon wieder! Jetzt fängt der auch noch damit an.“ Ich kann förmlich spüren, wie sich meinen Lesern die Nackenhaare sträuben. Mir geht es ja ähnlich bei diesem Thema. Es erscheint so allgegenwärtig, als gäbe es nichts anderes mehr.  Mit etwas gesundem Menschenver-stand ist doch auch so den allermeisten selbst klar, dass es den Klimawandel gibt und im Laufe der Erdgeschichte immer gegeben hat. Ist aber der Mensch der eigentliche Verursacher? Diese Frage treibt die Diskussion an und manchmal auch kuriose Blüten. 


Als ich noch zur Schule ging, das war in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, da lebten auf dieser Erde rund 3 Milliarden Menschen. Heute sind es etwa 7,6 Milliarden. Damit hat sich die Menschheit mehr als verdoppelt. Da ist es doch selbstverständlich, dass auch der Bedarf an Nahrung, Kleidung, Wohnungen, Mobilität und vieles andere sich mehr als verdoppelt hat. Das bleibt natürlich auch nicht ohne Folgen. Wie wir jedoch damit umgehen,  das ist eine ganz andere Frage.

Das soll hier aber nicht mein Thema sein, denn da gibt es kompetentere Klimaforscher und unendlich viele selbsternannte Fachleute, die alles im ständigen Pro und Kontra diskutieren und sich ihre persönlichen Meinungen in einem heftigen Schlagabtausch um die Ohren hauen. Gegner und Befürworter bleiben sich da nichts schuldig.

Und genau das meine ich mit „Klimawandel“. Deshalb habe ich das Wort wohlweislich in Anführungszeichen gesetzt, denn ich möchte meinen Blick auf das  verschlechterte zwischenmenschliche Klima  richten, wie wir es zunehmend erfahren und beklagen müssen. Ein regelrechtes „Reizklima“ bestimmt heutzutage weithin die Diskussionen. Das Miteinander der Menschen im privaten und im öffentlichen Raum ist äußerst spannungsgeladen, wie vor einem Unwetter.  Dieses aggressive Verhalten heutiger Zeit-genossen steigt dramatischer an als der Meeresspiegel, der oft von den gleichen Leuten so vehement beklagt wird. 

Das Thema Umweltverschmutzung steht hoch im Kurs, aber die immense „Inn-weltverschmutzung“ wird dabei weniger oder gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Wie sollen die anstehenden großen Aufgaben dieser Welt gelöst werden, wenn der Dialog austrocknet und versiegt und wenn am Ende nur noch  gegenseitige Schuldzuweisungen und Polarisierungen stehen?

Freie Meinungsäußerung wird inzwischen mehr und mehr vom gerade angesagten Mainstream bestimmt. Manche Themen und Ansichten dürfen da nicht mehr öffentlich benannt werden. Wer es trotzdem wagt, der wird in einem heftigen Shitstorm weggespült.  Das Ausblenden und Verschweigen gegenteiliger Meinungen hat mit Vernunft und Toleranz  nicht mehr viel zu tun. Da wird Toleranz nämlich zur bloßen Worthülse und gilt nur noch für Menschen mit der gleichen ideologischen „Denke“. Hass-Kommentare und Wut-Reden fluten das Netz der sogenannten sozialen Medien, die aber schon lange nicht mehr sozial zu nennen sind. Hasserfüllte Beleidigungen verletzen die Würde anderer Menschen. Die Akzeptanz von unterschiedlicher Meinungen schmilzt dramatisch dahin, wie das Eis der Polkappen und der Gletscher. Lügen und Halbwahrheiten dagegen überschwemmen das Land aus vielen Kanälen. Rüdes und flegelhaftes Verhalten wird als selbstverständlich hingenommen und salonfähig.

Anstand und Achtung vor anderen veröden zunehmend, die Sprache erodiert und zurück bleiben lebensfeindliche Wüsten. Die Sprache wird zu verletzenden Waffe. Es scheint nur noch diese Extreme zu geben, die über die Menschen hereinbrechen wie Sturzfluten oder Gluthitze auf diesem Planeten. Persönlicher und nationaler Egoismus führen zu enormen atmosphärischen Störungen und vergiften das Klima eines guten Miteinanders und gefährden so den globalen Frieden.

Die Überheblichkeit Einzelner und ganzer Gruppen,  besser zu sein als die anderen, vergiftet das Klima und führt zur Spaltung und bringt keinen wirklichen Fortschritt. Maximalforderungen verkehren sich leicht ins Gegenteil. Kein Mensch sollte deshalb mit dem Finger auf andere zeigen und schreien:“Ihr seid schuld!“ Jeder muss und kann in dieser Hinsicht nicht nur etwas, sondern sehr viel für ein gutes Klima tun.

Ja, diesen wirklich nachhaltigen „Klimawandel“ im Denken, Reden und im Handeln jedes Einzelnen braucht unsere Erde zu allererst.