Freitag, 30. Oktober 2015


Trockensträuße – was vom Sommer bleibt

Jetzt ist ihre Zeit wieder gekommen. Die Zeit der Gestecke und der Trockensträuße. Die Blüten des Sommers sind längst vergangen, die Farben des Herbstes schwinden zusehend. Auch wenn die noch verbliebenen bunten Blätter an den Bäumen und Sträuchern in den weniger werdenden, sonnigen Herbststunden noch einmal ihr herrliches Leuchten zeigen, die Tage der Farben und  des Lichtes sind endgültig gezählt.

Umso beliebter sind all die Trockensträuße in einer großen Bodenvase oder auch als kleine Gestecke auf den Tischen als dekorativer Raumschmuck. Schon im Sommer wird damit begonnen die Gräser, Kräuter, Blüten, Zweige  und Silberdisteln zu sammeln und zu trocknen, damit sie später noch lange über die dunkle und oft so karge Winterzeit die Räume unserer Wohnungen schmücken.

So ein Trockenstrauß ist ganz und gar  nicht mit einem Strauß frischer Blumen zu vergleichen, aber er weckt die Erinnerung an den vergangen Sommer mit all seinen Farben und Düften. Und sind es nicht gerade die Erinnerungen, von denen wir Menschen leben, ja oft wieder aufleben? Da fühlen wir uns plötzlich wieder auf die duftende Wiese mit all ihren Kräutern und Gräsern versetzt. Wohlig hatten wir uns ausgestreckt und in den blauen Himmel mit den weißen, dahinziehenden Wolken geschaut und in die Sonne geblinzelt, die so wohlig warm unsere Haut liebkoste. Da kehrt etwas zurück von der schönen Sommerzeit. Farben, Licht, Wärme und so wundersame Düfte erfüllen wieder unser Inneres. Die bunten Schmetterlinge flattern  durch unsere Erinnerung und wir hören förmlich Vögel zwitschern.

Denn unsere Trockensträuße haben nämlich etwas von der Schönheit des letzen Sommers, der ja oft nur so flüchtig ist, eingefangen und geben sie nun wieder frei. So erfüllen uns Freude und Dankbarkeit. Die stürmische und regnerische Zeit, die kalten Tage des Sommers, von denen es im Wetterbericht immer hieß, „Für diese Jahreszeit zu kalt“, diese werden  auf  unserer Phantasiereise einfach ausgeblendet.

Wie ein Trockenstrauß die Erinnerung an den vergangenen Sommer wachhält, so können auch  Geschichten von guten Erfahrungen und Erlebnissen uns neu beleben und mehr Licht und Farbe in das oft triste und farblose Leben anderer bringen. 


Mittwoch, 14. Oktober 2015


Der Kaktus unserer Nachbarn


In diesem Sommer hat  der  Kaktus auf dem Balkon unserer Nachbarn wieder in voller Blüte gestanden. Diese Blütenfülle war eine wirkliche Pracht und ein echter Hingucker. Da konnte man schon mal richtig neidisch werden. Nach gut einer Woche war von  der ganzen Blütenpracht aber nichts mehr zu sehen. Keine einzige Blühte zierte den Kaktus. Grün und stachlig stand er etwas verloren auf  der Brüstung des Balkons, denn merke, auch die schönsten Blüten sind oft nur von kurzer Dauer.

Trotzdem können sich viele Menschen nicht über das Schöne freuen, was andere haben oder was ihnen besonders gelingt. Sogleich schleichen sich Neid und Missgunst bei ihnen ein. Sie sehen zwar den Erfolg, die Blüten, aber nicht die Mühe, die dahinter steckt. „Ohne Fleiß kein Preis“, das scheint für andere nicht zu gelten, denen gelingt einfach alles. Neidische Menschen quält ständig der Gedanke: „Wieso geht es allen anderen besser als mir?“ Wenn Menschen anfangen, sich mit anderen zu vergleichen, dann tun sie es bekanntlich aus einem sehr subjektiven Blickwinkel. Dieser einseitige Blick auf die anderen, macht sie selbst neidisch und ungerecht. Das liegt wohl auch daran, dass sich „Jede“ und „Jeder“ gern mit denen vergleicht, die es anscheinend besser haben. 

Dabei schauen Frauen oft neidisch auf jene ihrer Artgenossinnen, die schlank und rank sind und trotzdem alles und in jeder Menge essen und trinken können. Das ist ja so ungerecht und unendlich gemein. Männer blicken schon einmal neidvoll über ihren eigenen Bierbauch hinweg auf die muskulöse und athletische Gestalt ihres Nachbarn, der stets alle bewundernden Blicke auf sich zieht.  Dass er sich mehrmals in der Woche im Fitnessstudio abmüht, ja quält, das übersehen sie geflissentlich. Schlechtere Schüler verstecken ihren Neid auf die guten Noten ihrer Mitschüler, indem sie diese als Streber verunglimpfen und sich selbst für ach so cool halten. Da hilft auch keine noch so geschickte Selbsttäuschung,  das zu verbergen, denn der Neid bohrt trotzdem weiter und quält ungemein.

In unserer Gesellschaft fühlen sich heute viele Menschen als Verlierer und von der ganzen Welt betrogen. So wird es immer wieder gezielt berichtet. Riesige „Neiddebatten“ werden darüber geführt und  immer  wieder neu angeheizt. Missgünstig wird der Blick auf alle gerichtet, denen scheinbar alles gelingt, die gute Posten haben und denen es so viel besser geht. Durch solchen, zumeist geschürten Neid, werden Menschen dann unzufrieden und sogar böse. Wo aber die Zufriedenheit sinkt, ist  letztlich auch der Friede im Kleinen wie im Großen gefährdet.

Neid und Missgunst werden dort geringer oder verschwinden gar, wenn wieder mehr Menschen anfangen, sich nicht  mehr mit denen zu vergleichen, die es scheinbar besser haben, sondern mit denen, die es wesentlich schlechter haben. Und von ihnen gibt es bekanntlich  mehr als genug auf dieser Welt.

Wer also genau dahin schaut, wird weniger neidisch sein. Das würde so manchen Zeitgenossen zufriedener und dankbarer machen. Denn die Frage lautet dann nicht mehr: “Warum geht es mir schlechter als anderen“, sondern „Warum geht es mir eigentlich besser als so vielen  Menschen auf dieser Erde?“ 

Der Mensch,  der immer nur auf das Aussehen, den Reichtum und die Postion  anderer schielt und sich mit ihnen vergleicht, der wird unzufrieden, missgünstig und neidisch. Dieses einseitige Vergleichen, macht Menschen nicht nur bitter und ungerecht, sonder auch ziemlich unglücklich.

Zeigt uns doch das Leben immer wieder, worauf Menschen heute neidisch sind, das kann morgen schon vorbei und „verblüht“ sein, wie die schönste Blüte an Nachbars Kaktus. 



Donnerstag, 8. Oktober 2015


 Schiefe Leuchttürme 

Wenn Leuchttürme kippen, wenn Ihre Feuer erlöschen, dann wird es dunkel und es fehlt den Schiffen auf stürmischer See die Orientierung. Leicht können diese dann den sicheren Hafen verfehlen und auf  eine Klippe auflaufen. Es droht ihr Untergang.

Natürlich weiß ich, dass diese alte Art der Orientierung für den Schiffsverkehr längst überholt ist. Andere, bessere und genauere Orientierungshilfen stehen den heutigen Besatzungen zur Verfügung.

Und doch regte mich gerade dieses Bild des umgekippten Leuchtturms, welches ich vor zwei Jahren an der portugiesischen Atlantikküste aufnehmen konnte, zum Nachdenken an. Frage? Suchen nicht alle Menschen irgendwie für ihr Leben eine Orientierung, so eine Art Leuchtturm? Wo aber  können  sie  diesen  finden und wie zuverlässig sind die Leuchtzeichen noch?  Wenn „Leuchttürme“ kippen und „Leuchtfeuer“ erlöschen oder im Meer der  unendlich vielen, anderen Lichter untergehen, wo finden Menschen dann Richtung und Halt?

Besonders junge Menschen lassen sich bei ihrer Suche nach dem richtigen Weg leicht vom Flimmern greller Lichter blenden. Sie sehen die Glitzerwelt ihrer Stars und Sternchen und glauben, das sei der Weg zum schnellen Glück und Geld. Jedoch ist die Halbwertzeit ihrer Idole bekanntlich recht gering. Es ist oft nur ein kurzes Aufleuchten, dann fallen sie zurück ins Dunkel. Für eine nachhaltige Orientierung taugen sie eher nicht. Was nun?

In den frühen Kindertagen sind zuerst die Eltern, für ihre Kinder „Leuchttürme“ und „Wegweiser.“ „Mein Papa ist der stärkste, den haut keiner um“, sagt der Vierjährige. „Er ist stark, wie ein Bär, er weiß und kann alles!“ Und das kleine Mädchen weiß genau, dass ihre Mama nur einmal pustet und das böse "Aua" ist weg. Welch ein Urvertrauen und ein unermesslicher Vertrauensvorschuss für die Eltern. Aber auch eine enorme Verantwortung und ein permanenter Druck. Denn wehe, wenn schon früh dieses Grundvertrauen der Kinder erschüttert und zerstört wird. Zu wem sollen sie aufschauen, wem folgen? 

Die alten „Leuchttürme“, die in früheren Zeiten die Richtung wiesen und Halt gaben; die Familien, die Traditionen, der Glaube, die Nachbarschaft, die Heimat, sie alle haben ihre Bedeutung vielfach verloren. Oder Ihnen wird bewusst der feste Grund entzogen. Dieser löst sich zudem  immer mehr auf  in diffusen, individuellen Vorstellungen davon.  


So werden wichtige Orientierungspunkte mehr und mehr zum Kippen gebracht und durch ständig wechselnde Werbebotschaften und Sprechblasen ersetzt. Was gestern topp war,  ist heute schon wieder ein Flop und keiner weiß, was morgen kommt. Aber nicht alles, was alt ist, ist auch gleich "veraltet" und nicht alles, was neu aufleuchtet, ist auch gleich "gut" und schon gar nicht besser!