Die Krippe oder es war einmal...
Da stehen sie wieder in ihrem Stall aus Sperrholz, einfachen Latten und mit einem Dach aus Stroh. Die Krippenfiguren sind schon recht alt. Man sieht es ihnen auch an. Ihre Farbe ist verblasst, Maria fehlt die rechte Hand und die linke hat auch nicht mehr alle Finger. Über viele Generationen sind diese Figuren weitergegeben und gut bewahrt worden, genau wie das, was sie darstellen. Man wusste noch um ihre Bedeutung. Das aber ist inzwischen vielfach in unseren Tagen längst vergessen oder in die Märchenwelt verbannt worden. Ob diese alten Figuren wohl in den nächsten Generationen weiterhin liebevoll aufbewahrt und geschätzt werden? Oder heißt es dann nur: “Ach, die alten Figuren sind ja auch noch da. Was sollen wir damit anfangen? Oma hatte sie zum Jahresende immer für ein paar Wochen in ihrer dunklen Schrankwand stehen und diese war genauso auch altmodisch. Eben aus einer anderen Zeit.“
Ja, sie sind wirklich alt,
der selbst gebastelte Stall und die sehr kitschig anmutenden Krippenfiguren aus Gips. Über Jahrhunderte hin sind so die unterschiedlichsten Krippen entstanden. Dabei waren der Phantasie der Künstler kaum Grenzen gesetzt. Oft flossen auch Elemente seiner eigenen Zeitepoche mit in die Darstellung ein. Nicht
alles ist dabei wirklich „künstlerisch wertvoll“, wie heute gern naserümpfend geurteilt
wird. Doch das war den Menschen zu ihrer Zeit auch gar nicht so wichtig. Weihnachtskrippen geben ihrem
Gefühl Ausdruck und stellen vielleicht etwas naiv dar, was Worte nicht sagen
können. Um vieles älter als die ältesten Darstellungen, ist das Geschehen selbst. Denn so oder ähnlich
soll sich ja die Szene vor rund 2000 Jahren auf den Feldern von Bethlehem
abgespielt haben. Es ist also eine sehr, sehr alte Geschichte. Manches hat sich darum gerankt.
Wir leben heute in einer schnelllebigen Zeit. Ein Auto ist bereits nach 30 Jahren ein Oldtimer. Ein
neues Smartphone ist schon beim Kauf überholt, denn die neue Serie steht schon
bereit. Ehe die Technik der E-Autos voll ausgereift ist und sie die Straßen
füllen, sind vielleicht schon ganz andere Technologien entwickelt, die um
vieles effektiver sind. Ganz zu schweigen vom Zeitgeschmack, der sich hauptsächlich
vom Äußeren leiten lässt und sich ständig ändert. Die äußeren Formen dominieren
oft die wesentlichen Inhalte. Wer aber so auf das Äußere fixiert ist, der verkennt
schnell die eigentlichen, inneren Werte. Genauso ist das auch mit
der Krippe und der Geschichte, die sie erzählt. Ist ihre Botschaft
endgültig in das Reich der Märchen verbannt? Mag sein, dass sich viele
Menschen, besonders junge, von den alten Formen nicht mehr angesprochen fühlen.
Trotzdem läuft in diesen Tagen ständig alte und neue Weihnachtsmusik über
alle Sender und auf den Märkten. So dass die Berieselung mit „Chrismas Time“ und anderen Liedern kaum
noch zu ertragen ist.
Streichen wir aber einmal
diese ganze Kommerzialisierung und den Rummel um Weihnachten weg, dann bleibt
doch auch heute noch bei vielen Menschen etwas von dem ursprünglichen Sinn des Festes.
Selbst wenn das alles nicht mehr bekannt ist oder gar von anderen als
Märchen bezeichnet wird, ist doch wohl etwas geblieben von dem Geheimnis des Weihnachtsfestes. So mancher spürt auch, dass Weihnachten mehr sein muss als all die vielen Äußerlichkeiten, mehr als Plätzchen und Glühwein auf dem den Märkten. Da ist und bleibt eine Sehnsucht tief im Herzen der Menschen nach Licht in
dunklen Zeiten, nach Wärme und Geborgenheit in der Nähe lieber Menschen, Freude
am Schenken. Und dann ist da noch etwas, was die Menschen im Inneren anrührt. Das ist das Geheimnis der Krippe selbst und seiner so alten Geschichte, die noch heute die Geschichte und das Leben der Menschen anrührt und bewegt. Vielleicht auch bei denen, die es nicht einmal wissen.
Denn da gibt es einen Traum, ja eine Verheißung von einer heilen Welt in der alle Menschen in Frieden leben können. Gerade in dunklen und unsicheren Zeiten tritt diese unausrottbare Sehnsucht der Menschen wieder zutage und so mancher fängt ganz klein an, dieser Sehnsucht ein wenig Gestalt zu verleihen. Die Botschaft der Krippe und ihrer verblassten Figuren,
auch in Omas dunkler Schrankwand, gilt auch heute noch. Friede auf Erden den
Menschen guten Willens. Überall wo Menschen in diesen Tagen etwas freundlicher und menschlicher miteinander umgehen, wird etwas davon wahr.