Schiefe Leuchttürme
Wenn Leuchttürme kippen,
wenn Ihre Feuer erlöschen, dann wird es dunkel und es fehlt den Schiffen auf
stürmischer See die Orientierung. Leicht können diese dann den sicheren Hafen
verfehlen und auf eine Klippe auflaufen. Es droht ihr Untergang.
Natürlich weiß ich, dass
diese alte Art der Orientierung für den Schiffsverkehr längst überholt ist.
Andere, bessere und genauere Orientierungshilfen stehen den heutigen Besatzungen zur
Verfügung.
Und doch regte mich gerade dieses
Bild des umgekippten Leuchtturms, welches ich vor zwei Jahren an der
portugiesischen Atlantikküste aufnehmen konnte, zum Nachdenken an. Frage? Suchen
nicht alle Menschen irgendwie für ihr Leben eine Orientierung, so eine Art Leuchtturm? Wo
aber können sie
diesen finden und wie zuverlässig sind die Leuchtzeichen noch? Wenn „Leuchttürme“ kippen und „Leuchtfeuer“
erlöschen oder im Meer der unendlich vielen, anderen Lichter untergehen, wo finden Menschen dann Richtung und Halt?
Besonders junge Menschen
lassen sich bei ihrer Suche nach dem richtigen Weg leicht vom Flimmern greller
Lichter blenden. Sie sehen die Glitzerwelt ihrer Stars und Sternchen und glauben, das sei der Weg zum schnellen Glück und Geld. Jedoch ist die Halbwertzeit ihrer Idole bekanntlich recht gering. Es
ist oft nur ein kurzes Aufleuchten, dann fallen sie zurück ins Dunkel. Für eine
nachhaltige Orientierung taugen sie eher nicht. Was nun?
In den frühen Kindertagen
sind zuerst die Eltern, für ihre Kinder „Leuchttürme“ und „Wegweiser.“ „Mein
Papa ist der stärkste, den haut keiner um“, sagt der Vierjährige. „Er ist
stark, wie ein Bär, er weiß und kann alles!“ Und das kleine Mädchen weiß genau,
dass ihre Mama nur einmal pustet und das böse "Aua" ist weg. Welch ein Urvertrauen und
ein unermesslicher Vertrauensvorschuss für die Eltern. Aber auch eine enorme
Verantwortung und ein permanenter Druck. Denn wehe, wenn schon früh dieses
Grundvertrauen der Kinder erschüttert und zerstört wird. Zu wem sollen sie
aufschauen, wem folgen?
Die alten „Leuchttürme“,
die in früheren Zeiten die Richtung wiesen und Halt gaben; die Familien, die Traditionen, der Glaube,
die Nachbarschaft, die Heimat, sie alle haben ihre Bedeutung vielfach verloren. Oder Ihnen
wird bewusst der feste Grund entzogen. Dieser löst sich zudem immer mehr auf in diffusen, individuellen
Vorstellungen davon.
So werden wichtige Orientierungspunkte mehr und mehr zum Kippen gebracht und durch ständig
wechselnde Werbebotschaften und Sprechblasen ersetzt. Was gestern topp war, ist heute schon wieder ein Flop und keiner weiß,
was morgen kommt. Aber nicht alles, was alt ist, ist auch gleich "veraltet" und nicht alles, was neu aufleuchtet, ist auch gleich "gut" und schon gar nicht besser!
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