Die Welt steht Kopf
Neulich erhielt ich eine
Whats App von einer guten Bekannten. Sie erinnerte sich darin an eine kleine
Episode, die sie einmal mit ihrem alten Onkel erlebt hatte und beschrieb mir
diese so: „Mein Onkel, der damals schon an Demenz erkrankt war, aber die
Zeitung täglich lesen wollte und sie verkehrt rum hielt, beantwortete meine
Frage, was denn drin steht: "nichts von Bedeutung, die Welt wird immer
schlechter." Ich schmunzelte damals, aber er hatte Recht.“
Diese kleine Anekdote machte
mich doch nachdenklich und ich konnte mir den alten Herrn in seinem Sessel sehr bildlich
vorstellen. Mit einem leicht verwirrten Blick schaut er interessiert aber auch
irgendwie angewidert in die Tageszeitung. Er versteht die Welt nicht mehr.
Alles steht Kopf. Auch wenn er seine Zeitung umdreht, würde sich daran nicht
viel ändern. Es ist ja schon lange nicht mehr seine Welt, von der in der
Zeitung geschrieben wird. Sein Fazit: „Nichts von Bedeutung, die Welt wird
immer schlechter“.
Man muss wohl nicht erst
dement sein, um beim Blick in die Zeitung oder in andere Medien zu einem
ähnlichen Ergebnis zu kommen. Da fliegen einem doch häufig die abstrusesten
Schlagzeilen nur so um die Ohren. Unzählige Bilder rasen im Fernsehen in
schneller Folge an den Augen der Betrachter vorbei. Was ist wahr, was ist
falsch? Was ist oben, was ist unten? Keiner weiß es mehr und es ändert sich
auch von einer Minute zur anderen. Da steht die Welt dann förmlich Kopf und
einem selbst die Haare zu Berge.
Dass die Welt auf dem Kopf
steht, lässt sich natürlich nur schwer beweisen. Wissen wir doch nicht einmal, wo oben
und unten ist. Dass die Welt immer
schlechter wird, ist zwar leicht dahingesagt, aber woran wird das genau fest
gemacht? Wie die Menschen in der Welt,
oder lieber eine Nummer kleiner, auf der Erde miteinander umgehen, das wirkt aber
schon sehr befremdlich und oft sehr erschreckend und beängstigend. Der
Eindruck, die Welt wird immer schlechter, verstärkt sich noch durch eine
überproportionale, negative Berichterstattung und erzeugt Ängste und große
Verunsicherung. Wenn allzu häufig nach dem Leitwort: „Nur schlechte Nachrichten
sind gute Nachrichten“ berichtet wird, muss sich keiner mehr wundern, wenn der
Eindruck entsteht, die Welt wird immer schlechter. Diesen "Untergangsszenarien" ist nur schwer etwas entgegenzusetzen.
Es ist doch heute so
einfach, sogenannte alternative Fakten, sprich Lügen, zu verbreiten. Oft werden
bei Diskussionen die Aussagen eines anderen Menschen bewusst falsch verstanden
und ins Gegenteil verkehrt. Ein recht perfides Spiel. Entwicklungen in der heutigen
Gesellschaft werden nicht mehr von allen im Land verstanden. Was einmal galt, gilt
heute schon lange nicht mehr. Die Welt steht dann für so manchen buchstäblich Kopf. Immer mehr
Verrücktheiten finden schnell ihre Anhänger und diese reiten auf jeder neuen
Welle mit. Das gilt für belanglos bis hin zu dumm und gefährlich. Die
Grenzen zwischen Vernunft und Unvernunft werden immer fließender.
Ist es zum Beispiel nicht
verrückt, wenn Modebewusste viel Geld für kaputte Jeans ausgeben? Erwachsene
mit einem Roller durch die Stadt fahren und mancher Haarschnitt schon an
Körperverletzung grenzt? Wenn junge Menschen vehement gegen Trinkhalme und
Einkaufstüten aus Plaste demonstrieren, aber steigende Rüstungsausgaben weltweit und lokale Kriegshandlungen als
„Gottgewollt“ hingenommen werden? Einseitigkeiten und Verkürzungen, Polarisierungen und Schuldzuweisungen machen es nicht besser. Doch ohne Frieden
und Gerechtigkeit lässt sich auch das „Klima“ nicht retten.
Ist es deshalb nicht verrückt, wenn hochkarätige Politiker in der UNO von einer 16-Jährigen
in einer, von wem auch immer, inszenierten „Wut-Rede“ abgekanzelt werden wie unmündige Kinder und diese danach noch applaudieren? Wird da nicht die Realität auf den Kopf gestellt? Eine verkehrte
Welt, wenn Klima-Aktivisten Straßen und Plätze blockieren, um gegen den CO2-Ausstoß zu
protestieren, es gleichzeitig aber durch ihre Aktionen zu enormen Staus in den Städten mit einer Erhöhung der Abgase kommt? Ach ja, "Fridays for Future", das klingt so total engagiert und zukunftsorientiert. Doch was machen die Demonstranten an den anderen Tagen der Woche, wenn keine Demo ist und was läuft bei der nächsten Party?
Wenn Meinungsfreiheit heute höchste Priorität hat, mit welchem Recht darf dann die Redefreiheit Andersdenkender eingeschränkt
oder niedergebrüllt werden? Ist es nicht total anmaßend und arrogant, wenn Komiker und
Journalisten besserwisserisch Politiker in Deutschland kritisieren und
lächerlich machen, aber selbst sehr komfortabel in diesem Land leben? Es ist äußerst bedenklich und sehr fragwürdig, wenn es nicht mehr um die Wahrheit, sonder nur noch um Mehrheiten
und Schlagzeilen geht.
Ist es nicht an der Zeit,
sich in Deutschland auf die Werte der Aufklärung zu besinnen und der Vernunft ihren Raum zu geben, um so die Welt wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen? Oder wie es der Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel in seiner sogenannten Kamenzer Rede in der Geburtsstadt Lessings im September 2019 gesagt hat:
„Sollte man nicht
vielleicht vor der Entwicklung der künstlichen Intelligenz sich um die
Entwicklung der natürlichen bemühen?“
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