Konzertkarten
Was soll man nur zu Weinachten
schenken? Ein Blick ins Internet und schon ist etwas Passendes gefunden. Ja,
Konzertkarten gehen immer. Toll, die Oldie-Band City gastiert gerade auf ihrer
Abschlusstour in Halle an der Saale im Steintor-Variete´, einem der ältesten
Variete´s
Deutschlands, denn diese Spielstätte kann auf einen über
120-jährigen Spielbetrieb verweisen. Na, das ist doch schon mal etwas, oder?
Auch wenn ich kein Fan solcher
Musikgruppen bin, ich musste letzte Woche mit ins Konzert. Schließlich hatten
wir die Karten doch geschenkt bekommen. Selbst in jüngeren Jahren war mir City
und Co. reichlich unbekannt. Deshalb hab ich mich erst einmal im Internet
über die Band etwas informiert. Gegründet 1972 in der tiefsten DDR-Zeit. Von diesem
Ost-Charme vermeinte ich im Laufe des Abends im Konzert immer noch etwas zu spüren.
Dann machten wir uns auf den Weg.
Mein Gott, ich traute meinen Augen kaum, als ich die riesige Schlange auf dem
Vorplatzt am Steintor sah. Langsam bewegten sich die Besucher des Konzerts auf
den Eingang zu. Das konnte dauern, war mein erster Gedanke. Na, dann. Beim
Einlas hatte nämlich die moderne Technik Einzug gehalten. Die Eintrittskarten
musste jeder selbst scannen, was wohl nicht immer klappte und zur Staubildung
führte. Als wir endlich unsere Plätze im schon dunklen Saal erreichten, für
einen Drink vorher war natürlich nun keine Zeit mehr gewesen, da stiegen
bereits die ersten Bühnennebel auf und die bunten Scheinwerfer zuckten durch
den Saal.
Auf der Bühne spielten zum Auftakt die Musiker der Berliner Symphoniker. Das stimmte mich wieder etwas milder. Und dann sprangen vier kleine, alte Männer mit ihren Instrumenten auf die Bühne und wurden vom Publikum frenetisch begrüßt, was mich etwas verwunderte. Ja, diese Begeisterung für die Band müssen die meisten bereits seit Jahrzehnten gehabt haben. Viele waren in etwa der gleiche Jahrgang, also um die 70 Jahre. Aber auch einige Dreißig- und Vierzigjährige waren gekommen. Direkt vor mir kriegte sich einer von diesen kaum noch ein, er sprang von seinem Sitz auf und verrenkte sich begeistert zu der lautstarken Musik. Nicht ganz mein Ding.
Mit den bekannten Plattitüden
begrüßte der Sänger lautstark und enthusiastisch das Hallenser Publikum als
sein Lieblingspublikum und bot ihm auch gleich das „DU“ an. Wieder stürmischer
Applaus. Die Brücke zum Publikum war geschlagen und nun konnte es richtig
losgehen.
Es folgten, diverse Songs aus den 50
Jahren von City, immer elektronisch verstärkt und deshalb sehr laut. Nichts
für jemand, der eher leise Töne liebt. Jetzt kamen die Musiker und besonders
der Sänger so richtig in Fahrt. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er wie
Rumpelstilzchen über die Bühne hüpft, in seine etwas zu klein geratene
Lederjacke gezwängt, die scheinbar noch aus den 70iger Jahren aus dem Intershop
stammte. Sollte ich etwa auch aufzuspringen und ebenso euphorisch herum hüpfen?
Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Also abwarten, was kommt. Der Abend war ja noch lang.
Doch dann kamen recht unerwartet einige besinnliche Gedanken und Texte, die für die angespannte Weltsituation sehr passend schienen. Dadurch wurde die ausgelassene Stimmung etwas gedämpft und es kam sogar bei dem Lied von Bettina Wegner, „Sind so kleine Hände“, eine gewisse Besinnlichkeit auf. Genauso beim darauf folgenden Lied, „Sag, mir wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben“, da gingen die Gedanken gewiss am Schluss des Liedes hin zu dem Menschen in den Kriegsgebieten in der Ukraine und besonders zu den Soldaten an der Front, die ihr Leben verloren haben. Dabei stellten sich genau diese Fragen: „Sag, wo die Soldaten sind, wo sind sie geblieben? Was ist gescheh´n? Über Gräbern weht der Wind. Wann wird man je versteh´n?“ Den Irrsinn des Krieges und der grausamen Gewalt wird man wohl nie verstehen. Gab es da nicht einmal den Ausspruch: „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“. Doch auch das wird nicht geschehen, denn es wird immer willfährige Befehlsempfänger und Mittläufer geben.
Aber auch in diesen schlimmen Zeiten muss das Leben weitergehen. Darum ging auch das Konzert an diesem Abend weiter. Die Augenblicke der Nachdenklichkeit waren schnell verflogen. Das Publikum war ja schließlich gekommen, um seine Kultband City noch einmal hören und sich mitnehmen zu lassen von ihrer altbekannten Musik und sie zu feiern. Von der Band waren da wohl die Augenblicke der Nachdenklichkeit gut gemeint, aber eher ein Stilbruch. Deshalb wechselte die Stimmung nun wieder ganz rasch, als es weiterging und die Bässe dröhnten. Das Publikum wurde ziemlich angeheizt und ging so richtig mit und aus sich heraus. Da fühlte ich mich wie im „BIERKÖNIG“ auf Mallorca mittags um halb eins.
Ein
bisschen DDR-Nostalgie und die Erinnerungen an 50 Jahre, der inzwischen zur
Kultband avancierten Band City, war für das Publikum im ausverkauften Saal des
Steintor-Variete´s doch das Wichtigste an diesem Abend im Juli 2022. Darum waren
sie ja gekommen.
So wie das Konzert endete, so enden hier auch meine doch recht subjektiven Gedanken und Eindrücke über diesen Konzertabend
im Steintor-Variete´ in Halle, mit dem klaren Resümee, dass ich mir beim nächsten
Mal lieber Karten für ein Klassisches Konzert wünschen sollte.
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