Dienstag, 17. April 2018



Etiketten und was wirklich drin ist

„Was drauf steht, muss auch drin sein!“ Das ist doch das Selbstverständlichste von der Welt, so möchte man meinen. Aber das ist es eben ganz und gar nicht.
Etiketten auf Flaschen, Gläsern und anderen Verpackungen geben in Schrift und Bild an, was diese beinhalten. Genauer, was diese beinhalten sollen. Das lässt sich bei einem Gurkenglas noch recht einfach nachprüfen. Jeder Kunde kann ja sofort sehn, ob wirklich Gurken im Glas sind. Aber es gibt ja nicht nur Gurkengläser. Bei anderen Produkten ist das erheblich schwieriger. Etikettenschwindel hat es wohl schon immer gegeben. Jeder Händler preist seine Ware natürlich als besonders gut und günstig an. Wie sollte es auch anders sein? Mängel werden dabei gern verschwiegen oder geschickt kaschiert. Inhaltsstoffe werden ungenau benannt oder phantasievoll verschleiert. Auch werden Käufer oft durch aufwendige Verpackungen getäuscht oder lassen sich täuschen. Diese sogenannten Mogelpackungen nerven und ärgern die Kunden. Bei anderen Produkten wird heimlich das Gewicht durch Zugabe von Zucker und Wasser unzulässig erhöht. Aufgespritztes Fleisch, wie neulich bekannt wurde, verunsichert die Konsumenten.

„Etikettenschwindel“ - Wie harmlos das doch klingt. Es ist aber nicht nur ein kleiner Schwindel oder ein geschickter Trick. Nein, es ist vorsätzlicher Betrug am Kunden. Mag es sich auch nur um eine geringfügige Manipulation handeln. Alles fängt ja mal klein an. Es wird also mehr versprochen, als gehalten wird. Diese irreführenden und falschen Etiketten gibt es aber nicht nur im Supermarkt oder beim Händler um die Ecke. Auf vielen anderen Gebieten in unserer Gesellschaft treffen wir darauf; in der Wirtschaft, der Kultur, der Politik und im alltäglichen Leben ist mit diesen oder ähnlichen Manipulationen zu rechnen. Denken wir nur an den sogenannten „Diesel-Skandal“, der längst noch nicht ausgestanden ist. Da sind die Käufer schamlos betrogen wurden. Wenn so etwas aufliegt, wird schnell zurückgerudert. Keiner will davon etwas gewusst haben. Harmloser Etikettenschwindel? Nein, bei weitem nicht!

Inzwischen sind wir alle wohl etwas hellhöriger und kritischer geworden. Gott sei Dank und das ist gut so. Doch nun möchte ich, oder besser muss ich, noch auf eine ganz andere Seite des Problems mit den Etiketten zu sprechen kommen. Werden nicht zu Unrecht vielen Menschen von anderen, auch von uns selbst, bestimmte Etiketten aufgeklebt? Klappt etwas nicht in der Gesellschaft, in der Politik oder in der Kirche, dann heißt es gleich, die da oben sind schuld. Zack, Etikett „die-da-oben“ draufgeklebt. Hinterfragt wird das nicht mehr. Hat jemand eine andere Meinung zum Beispiel zu Flüchtlingen, zur Homosexualität, zum Islam oder zu anderen strittigen Fragen, dann bekommt er gleich das Etikette; homophob, islamophob oder heute ganz beliebt, ein Rechter, ein Nazi. Ende der Fahnenstange, Ende der Diskussion. Mit denen reden wir nicht!

Wir müssen aber gar nicht so weit gehen. Wir können gern bei uns selbst stehen bleiben. Jeder von uns hat sicher unbedacht oder gar vorsätzlich einem anderen schon einmal ein bestimmtes Etikett aufgepappt. „Der ist doch arrogant, die ist falsch, dem kannst du kein Wort glauben, der ist ein Lügner, die hat es doch faustdick hinter den Ohren usw.“ Mit solchen Etikettierungen gehen wir oft sehr fahrlässig um. Ohne den anderen Menschen wirklich zu kennen, nur nach dem äußeren Augenschein geurteilt, werden Menschen in eine bestimmte Schublade gesteckt, Etiketten drauf und fertig. Diese vorgefassten Meinungen verbreiten sich wie im Flug und liegen oft ein Leben lang auf demjenigen wie ein Fluch. Der ist doch rechts, der ist links. Es zählt nicht mehr, was der andere wirklich denkt und meint oder auch tut. Er hat sein Etikett weg und fertig.

Wie war das doch gleich, was draufsteht, muss auch drin sein! Das herauszufinden, ist manchmal ganz schön anstrengend. Und jede vorgefasste Meinung vom anderen ist da sehr hinderlich. Falsche Etiketten, die wir anderen anhängen, schaden nicht nur seinem Ruf, sondern können im schlimmsten Fall seine ganze Existenz ruinieren.

Der Umgang mit der Wahrheit ist also ein sehr weites und oft schwieriges Feld. Was ist Sein und was ist nur Schein? Ja, auch das gehört zum Thema. Manche Menschen kleben sich nämlich selbst ein Etikett auf: Menschenfreund, Demokrat, Wohltäter, Freund und Vertrauter. Sie schmücken sich mit positiven Titeln, um zu beeindrucken und zu täuschen. Da geschieht gleichermaßen in der großen Politik, wie im persönlichen Familien- und Bekanntenkreis. Aber auch das ist  Augenwischerei, ja Etikettenschwindel, um andere zu täuschen. Dahinter verbergen sich nämlich sehr häufig ganz andere, sehr eigennützige Ziele und ein genau berechnetes Kalkül, um die eigenen Interessen durchzusetzen.   

Wie schwer ist es schon festzustellen, ob die Qualität der Ware dem entspricht, was das Etikett vorgibt. Aber noch schwieriger ist das wohl bei anderen Menschen. Die Gurken im Glas kann ich noch recht gut erkennen, was aber ein anderer Mensch wirklich denkt und fühlt, das bleibt im Dunkeln, ganz gleich welches Etikett er auch immer trägt. Ob es ein raffinierter Selbstdarsteller und Schwindler ist oder ein Mensch, der von anderen bösartig mit einem negativen Etikett versehen wurde, das ist nicht leicht zu unterscheiden. Wer er wirklich ist und was in ihm steckt, zeigt sich aber deutlich an seinem Tun. Nicht das Etikett ist entscheidend, sondern die Qualität der Ware und im Leben sind es die Taten der Menschen. Darum fallen Sie nicht auf solche Mogelpackungen herein. Bleiben Sie also vorsichtig, kritisch und wachsam!

Also egal, ob Gurkenglas oder Mitmensch: „Was draufsteht, muss auch drin sein!“ Sonst lieber Finger weg!

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