Dienstag, 30. Dezember 2014

                


Auf der Suche nach dem Glück

Zum Jahreswechsel werden wieder unendlich viele Grüße und Wünsche ausgetauscht. Die Menschen wünschen sich vor allem Glück im neuen Jahr. Was ist aber dieses Glück?

Gibt man in der bekannten Suchseite „google“ im Internet das Wort Glück ein, so werden auf einen Schlag über 77 Millionen Ergebnisse angezeigt. Doch wer sich die Mühe macht, auch nur einige davon nachzulesen, wird bald erkennen, dass es keine allgemein gültige Antworten darauf gibt, was nun wirklich Glück ist. Das Glück ist wohl genauso vielgestaltig wie die Menschen selbst. Es kommt sogar vor, dass das Glück des einen zum Unglück für den anderen werden kann.

Und trotzdem suchen die Menschen das Glück, ihr Glück, und jagen ihm rastlos nach. In der Fabel vom Seepferdchen wird dieser Aspekt der Glückssuche beleuchtet. Auch wenn ich nun die Zahl der Ergebnisse für den Begriff Glück noch um eins erhöhe, möchte ich gern diese kleine Geschichte hier aufschreiben.

Es war einmal ein Seepferdchen, das eines Tages seine sieben Taler nahm und in die Ferne galoppierte, sein Glück zu suchen. Es war noch gar nicht weit gekommen, da traf es einen Aal, der zu ihm sagte: „Psst. Hallo, Kumpel. Wo willst du hin?“ „Ich bin unterwegs, mein Glück zu suchen“, antwortete das Seepferdchen stolz. „Da hast du’s ja gut getroffen“, sagte der Aal, „für vier Taler kannst du diese schnelle Flosse haben, damit kannst du viel schneller vorwärtskommen.“ „Ei, das ist ja prima,“ sagte das Seepferdchen, bezahlte, zog die Flosse an und glitt mit doppelter Geschwindigkeit von dannen. Bald kam es zu einem Schwamm, der es ansprach: „Psst, Hallo, Kumpel. Wo willst du hin?“ „Ich bin unterwegs, mein Glück zu suchen“, antwortete das Seepferdchen. „Da hast du’s ja gut getroffen“, sagte der Schwamm, „für ein kleines Trinkgeld überlasse ich dir dieses Boot mit Düsenantrieb; damit könntest du viel schneller reisen.“ Da kaufte das Seepferdchen das Boot mit seinem letzten Geld und sauste mit fünffacher Geschwindigkeit durch das Meer. Bald traf es auf einen Haifisch, der zu ihm sagte: „Psst. Hallo, Kumpel. Wo willst du hin?“ „Ich bin unterwegs, mein Glück zu suchen“, antwortete das Seepferdchen. „Da hast du’s ja gut getroffen. Wenn du diese kleine Abkürzung machen willst“, sagte der Haifisch und zeigte auf seinen geöffneten Rachen, „sparst du eine Menge Zeit.“„Ei, vielen Dank“, sagte das Seepferdchen und sauste in das Innere des Haifisches und wurde dort verschlungen. Die Moral dieser Geschichte: Wenn man nicht genau weiß, wohin man will, landet man leicht da, wo man gar nicht hin wollte.

So ist es wohl. Das schnelle Glück gibt es nicht und kaufen kann man es schon gar nicht. Auch nicht für alles Geld der Welt. Glück ist ein schillernder Begriff, der nicht zu fassen ist. Wenn es etwas Derartiges gibt, dann sind es eher Funken des Glücks, kurze Glücksmomente, die wir weder machen noch festhalten können. Sie werden uns bestenfalls von anderen geschenkt. Lassen wir uns also nicht von aalglatten und schwammigen Versprechen anderer verführen, die das Glück für billiges Geld anbieten. Denn dann landen wir, wie das Seepferdchen, schnell im Maul der Haie, die natürlich nur unser Bestes wollen.

(Ich wünsche allen meinen Lesern für das neue Jahr viele, solche Glücksmomente und bedanke mich hiermit für das Interesse an meinen Texten.)



Montag, 22. Dezember 2014


Der kleine Muck – nur ein Märchen


„Mach das Märchenbuch zu“, sagte meine heran-wachsende Nichte vor Jahren immer zu mir, wenn ich begann etwas von früher aus meiner Jugend zu erzählen. Sie wollte die alten Geschichten einfach nicht hören, sie hatten wohl nicht viel mit ihrem Leben zu tun, wie sie meinte.
Märchen haben bei den meisten Menschen keinen großen Stellenwert. Es sei denn bei den ganz Kleinen oder bei älteren Leuten, die sie wieder entdeckt haben, weil sie die Schönheit der Märchen und die tiefere Wahrheit darin schätzen gelernt haben. Die anderen tun sie leicht als Kinderkram ab. Für sie ist bestenfalls in ihrem Sprachgebrauch einmal ein schönes Wochenende „märchenhaft“, weil es sie der Realität des Alltags enthoben hatte und sie sich wie im „siebenten Himmel“ gefühlt haben.
Und genau das ist es ja gerade, was die Märchen tun. Sie führen uns auf ihre Weisen durch das Leben. In ihnen werden die Wünsche und Hoffnungen aller Menschen sichtbar. 

In einem alten Märchenbuch aus meinen Kindertagen wird von dem Märchenschreiber Wilhelm Hauff vom kleinen Muck erzählt. Muck ist nicht gerade vom Schicksal verwöhnt. Er ist kleinwüchsig und hat einen viel zu großen Wasserkopf, den der riesige Turban noch größer erscheinen lässt. Die Leute verlachen ihn und seine Herrschaft ist sehr streng zu ihm. Nach einem Missgeschick in seinem Dienst befürchtet er harte Strafen. Er will lieber fliehen. In einer Kammer des Hauses entdeckt er überdimensionale Pantoffeln und ein kleines Stöckchen mit einem Knauf. Für seine Flucht nimmt er beides mit. 

Erst später merkt er, was es mit den Pantoffeln auf sich hat. Mit ihnen kann er sogar fliegen. Seine ungewöhnliche Schnelligkeit macht ihn zum hochgeschätzten Boten des Königs und damit erfährt er die Missgunst der anderen Höflinge. Mit seinem Stöckchen kann er verborgene Schätze finden und er wird dadurch reich. Doch der Neid der anderen ist groß, sie bezichtigen ihn des Diebstahls. So muss er wieder einmal  schleunigst die Stadt verlassen. Unterwegs findet er einen Feigenbaum, wenn jemand von seinen Früchten isst, dann wachsen ihm regelrechte Eselsohren und eine lange Nase.

Von diesen Feigen ließ der kleine Muck den treulosen König und seine Günstlinge essen, als er verkleidet als hoch gelehrter Weiser, unerkannt in die Stadt und den Palast gelangte. So strafte er die Verleumdung und alle ungerechte Behandlung, die er hier erfuhr. Noch ehe der König begriffen hatte, dass er für sein schändliches Verhalten zeitleben mit hässlichen Eselsohren gestraft wurde, war der kleine Muck auch schon verschwunden. Fortan lebte dieser in großem Wohlstand aber zurückgezogen von den Menschen, denn er hatte sie alle kennen gelernt und durch seine Erfahrungen mit ihnen war er weise geworden.

Der kleine Muck war wie so viele Menschen auf der Suche nach Glück, Anerkennung und Frieden, aber er fand nur Unrecht, Neid, Missgunst und Lüge am Königshof der Welt. Dort wo die Mächtigen herrschen, werden andere unterdrückt und verraten. Die Aufrichtigen und Ehrlichen aber ziehen immer noch den Kürzeren. „Man muss mit den Wölfen heulen, die Fahne nach dem Wind drehen“, das ist dort ein ungeschriebenes Gesetzt zum  Erhalt der eigenen Macht. Lügen, Korruption, hinterhältige Verleumdungen, Hetzkampagnen  und Diffamierungen sind dabei nicht selten. Wer zwischen diese Mahlsteine gerät, ist kurz über lang verloren. Und das ist fürwahr kein Märchen, das ist selbst in unserer Zeit noch so.

Im Märchen vom kleinen Muck erhielten alle diese Übeltäter ihre wohl verdiente Strafe und mussten mit den großen Eselsohren herumlaufen. So waren sie öffentlich zeitlebens gebrandmarkt. Leider nur ein Märchen?!

Da möchte ich gern wieder an Märchen glauben, in denen das Böse bestraft wird und das Gute siegt. Und ich sehe schon ganz genau in einem aktuellen Bericht der Tagesschau all die Mächtigen und Großen mit riesigen Eselsohren und langen Nasen gestraft über den Bildschirm flimmern. Weg wäre ihr überhebliches Grinsen, ihr permanentes Geschwafel und ihr zur Schau gestelltes Gehabe.

Und Sie können mir glauben, es sind gewiss viel mehr als Sie und ich meinen und für möglich halten. Da würden nicht einmal die Feigen einer ganzen Ernte reichen!


Freitag, 19. Dezember 2014


Informationsflut

Die Briefkästen an den Wohnungen und Häusern fassen die Flut an Zeitschriften und Werbeprospekten schon längst nicht mehr. Da helfen auch keine Aufkleber: „Bitte keine Werbung“. Woche für Woche, Tag für Tag flattern neue, bunt bedruckte Papiermassen ins Haus und landen auf den Straßen und in den Papiertonnen. Viele Packen an Werbematerial enden noch verschnürt in der blauen Tonne oder werden buchstäblich vom Winde verweht. Die Überfülle der Informationen macht eher hilflos und so manchen ärgerlich.

Es ist aber nicht nur diese Flut an bedrucktem Papier, sondern die damit verbundene Informationsflut überhaupt, denn auch die elektronischen Briefkästen sind übervoll mit allen möglichen und unmöglichen News. Massenhaft werden diese Meldungen in Wort und Bild innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde durch den Äther rund um unseren Globus gejagt. Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und andere steigern diese Flut noch ins Unermessliche und ergießen sich über die Menschen. 

Ein rastloses Rennen und Hetzen bestimmt Markt der Medien. Keiner kann beim besten Willen die angesammelten Informationen mehr erfassen und schon gar nicht korrekt einordnen und verarbeiten. So ist es auch bei den Endverbrauchern, den Lesern, Hörern oder Zuschauern. Vielleicht ist das auch gar nicht gewünscht. Jeder betrachtet  die einzelnen Informationen unter seinem ganz speziellen Blickwinkel und zieht daraus seine persönlichen Schlüsse. Und das ist natürlich sehr subjektiv. Zudem hat ja bereits der Autor des Textest oder des Bildes eine Vorauswahl getroffen und seine eingeengte Sicht weitergegeben. Diese Subjektivität gesteht aber keiner gern auch  den anderen zu, jeder hält seine Ansicht für absolut objektiv und richtig, die der anderen dagegen nicht. Ein regelrechter Kampf um die "Meinungshoheit" ist in den Medien und den Netzwerken ausgebrochen. Dabei kommt es eher zu einer Desinformation als zu einer soliden Berichterstattung und Information.

Dabei entstehen Fronten an allen Enden der medialen Welt. Jeder sucht sich sofort Verbündetet, die seiner selektiven Meinung folgen und ihre nicht immer qualifizierten Kommentare dazu abgeben. Und  schon gehen Tausende auf die Straße und demonstrieren für ihre Sicht, genau wie die anderen als Gegendemonstranten für ihre Sicht demonstrieren. Jede Seite ist fest davon überzeugt, dass ihre Anliegen und ihre Ansichten genau die richtigen sind, die anderen Meinungen aber a priori mehr als falsch sind. Das wiederum ist ein willkommener Anlass für viele Presseleute und Politiker sich dafür oder dagegen, je nach Stimmungslage, in immer schärferen Tönen auszusprechen und sich dadurch selbst zu profilieren.

Auf die Inhalte und die Anliegen der Menschen kommt es dann gar nicht mehr an. In schlimmer Weise werden Andersdenkende diffamiert und schändlich beschimpft. Von der sonst viel gerühmten Toleranz keine Spur! Die vorgetragen Probleme und die Ängste werden missachtet und einfach abgetan. Wobei es doch viele der heutigen Probleme,  bei einer korrekten und eindeutigen Kommunikation von Seiten der Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft, überhaupt nicht gäbe.

Zu viele „Möchtegernfachleute“ meinen, alles zu wissen, sogar besser zu wissen als die anderen und sie  meinen ernsthaft, zu allem und jedem ihren Kommentar dazu geben zu müssen. Aus diesem Grund wird die nebulöse Wolke der Meinungen, nicht des Wissens, immer größer und die Verwirrung komplett. 

Auch in Zukunft werden wohl, nicht nur die Briefkästen und die Kanäle der Rundfunk- und Fernsehsender rund um die Uhr mit oft diffusen Meldungen geflutet, sondern auch die Hirne und Herzen der Menschen. Hauptsache die Quote stimmt. Was das mit anderen macht, ist dabei unerheblich!  Darum mein Rat, öfter mal abschalten!!






Samstag, 13. Dezember 2014


Sehnsucht nach  Licht

Die Tage im Monat Dezember werden immer noch kürzer. Nun ja, das stimmt zwar nicht ganz, aber wir haben alle das Gefühl, dass es so ist. Nicht die Tage werden kürzer, sondern es sind immer weniger Stunden am Tag, an denen es hell ist oder gar die Sonne sich sehen lässt. Trübe Tage, lange Nächte. Bereits am späten Nachmittag wird es jetzt schon dunkel. 
Die lange Dauer dieser Dunkelheit wirkt auf viele Menschen deprimierend und macht sie lustlos. Ihre Energie und ihre Leistungsfähigkeit lässt schnell nach. Eine große Müdigkeit lähmt auch so manche Aktivität. Selbst nach draußen mag man nicht so gerne gehen, denn es ist nass und kalt, einfach ungemütlich. Zudem ist alles düster und kahl in dieser Jahreszeit.

Die Sehnsucht der Menschen nach Licht und Wärme wächst und ist überall spürbar. Gehe ich  durch die dunklen Straßen der Stadt, dann schaue ich mir gern die erleuchteten Fenster der Häuser an. Balkone und Fassaden schmücken jetzt kleine Lichterketten, in den Vorgärten stehen beleuchtetet Büsche und Bäume. Sterne leuchten in den Fenstern und vor den Eingängen mancher Geschäfte sind Laternen mit dicken brennenden Kerzen aufgestellt. Auf dem Weihnachtsmarkt duftete es nicht nur köstlich nach Glühwein und gebrannten Mandel, sonder überall flimmern bunte Lichter.

All diese Lichter sind kleine Hoffnungszeichen in der Dunkelheit. Sie bringen Helligkeit und Wärme. Und das nicht nur in den Häusern und Straßen, sondern auch in den Herzen der Menschen. Gerade darum geht es doch, dass wir nicht die Hoffnung verlieren und vor dem Dunkel resignieren. Dass die Tage nach Weihnachten wieder länger und heller werden, wissen wir ziemlich genau, aber es gibt eine andere Dunkelheit, die viel mehr ängstigt. Sie erfüllt die Menschen mit Sorge und macht ihre Herzen schwer.   

Die häufigen Nachrichten von Gewalt, Hass, Krieg und Terror legen sich wie dunkle Schatten auf die Seelen der Menschen. Düstere Visionen werden an die Wand gemalt und Ängste geschürt. In einer globalen und medialen Welt dominieren oft die dunklen Seiten das gegenwärtige Geschehen. In der Palette dieser „Bildermaler“ scheint es keine hellen Farben mehr zu geben. Oft gibt es nur noch schwarz oder weiß auf dem Markt der Meinungen. Die Zwischentöne, die das Leben erst ausmachen, sind verschwunden. Es fehlt in unseren Tagen oft an Farbe, Licht und Herz. Konfrontation statt Kooperation bestimmt die Diskussionen. So mancher „Unheilsprophet“ und „Schwarzseher“ gibt dabei den düsteren Ton an.

Wäre es nicht besser, ein kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen, wie es ein chinesisches Sprichwort sagt? Denn dass viele kleine Lichter eine übermächtige Dunkelheit vertreiben können, hat doch der „Herbst 89“ gezeigt. Viele kleine Kerzen, die die Menschen entzündeten, wurden zu einem Lichtermeer, vor dem letztendlich die Dunkelheit kapitulieren musste. Doch das aber geschieht nicht alle Tage und es muss schon Vieles zusammenkommen, damit es geschieht.

Kleine Lichtblicke im Alltag, die können wir uns viel leichter und öfter schenken. Ein freundliches Lächeln und ein herzliches Dankeschön für einen anderen, zaubern schnell ein Leuchten auf sein Gesicht und vertreiben so manche trübe Gedanken.






Mittwoch, 3. Dezember 2014


„Es war einmal“  oder  "Die Gans, die nicht sterben musste"

Das ist wieder einmal so eine Geschichte, die mit den Worten beginnen könnte: „Es war einmal.“ Sie liegt nämlich schon viele Jahre, inzwischen Jahrzehnte, zurück. Es war noch die Zeit, in der man stolz seinen Trabant fuhr und überglücklich war, wenn man nach gut 13 Jahren Wartezeit, so ein Gefährt sein eigen nennen konnte. Mit so einer  „Rennpappe“, wie der Trabi auch liebevoll ironisch genannt wurde, ging es dann in die „weite Welt“ hinaus. Na ja, nicht ganz soweit. Es gab nur eine Richtung, immer nach Osten, denn an der Westgrenze des Landes war ja bekanntlich an der Mauer bzw. am Stacheldrahtzaun abrupt Schluss. 
In diesen Zeiten sollten die  „fürsorglich behüteten“ DDR-Bürger nämlich auch vor jeglicher „Schmutz- und Schundliteratur“ und anderen "westlichen" Einflüssen bewahrt werden, wie die Staatsführung meinte. Genauso wie die DDR-Bürger nicht einfach in Richtung Westen über die Grenze durften, so durften auch Bücher und andere Druckerzeugnisse nicht bei uns einreisen. Nun, das stimmt auch nicht ganz. Über das Staatsgebiet der DDR hinweg, egal ob mit dem Flugzeug oder im Transitverkehr, konnten Bücher und Zeitschriften jedoch unbehelligt bis nach Polen reisen. Und das war gut so.

Dort, in Polen, gab es in einem kleinen Dorf im Kreis Neiße die alte Tante der Mutter eines meiner Kommilitonen. Diese erhielt eines Tages ein Paket aus Bielefeld.  Mit dem Inhalt wusste  sie nicht viel anzufangen, denn es waren nämlich nur Bücher. Diese hatten unbeschadet die Grenze überschritten, oder vielmehr überflogen. Egal, sie waren jedenfalls in Polen sicher angekommen. Es waren die Bücher, die uns Freunde aus dem Westen besorgt hatten. Nun hatten wir nicht nur ein Kommunikationsproblem mit der Tante in Polen, sondern auch das Problem, die „verbotenen Bücher“ zurück in die DDR zu schmuggeln. 

Die schwierige Verständigung mit der Tante hatte zur Folge, dass wir, mein Freund Matthias und ich, mit dem neuen Trabant meiner Schwester plötzlich und unerwartet in dem kleinen Dorf bei der Tante auftauchten. „Herr Je, Jungchen, hätte ich gewusst, dass ihr kommt, hätte ich doch die Gans geschlachtet“, war ihre Begrüßung. Uns lief gleichzeitig ein Schauer über den Rücken und der Schweiß von der Stirn bei über 30° Grad Celsius im Monat Juli. Gott sei Dank, kein Gänsebraten bei dieser Hitze. Das hätte noch gefehlt. So hatte  letztlich ein Kommunikationsproblem der amen Gans das Leben gerettet. Wenn ich jetzt daran denke, glaube ich zwar nicht, dass die Gans das nächste Weihnachtsfest heil überlebt hat., aber fürs erste hatte sie es überstanden. Sie schnatterte fröhlich weiter auf ihrem Hof und freute sich sichtlich des Lebens. 

Für uns zwei blieb aber noch das große Problem, wie wir die Bücher über die Grenze in die DDR bekommen? Doch wir hatten einen Plan! Wie gesagt, wir waren ja mit einem Trabant unterwegs. Das war ein Auto, an dem man noch selbst herum schrauben konnte. So lösten wir ohne große Schwierigkeiten die Innenverkleidungen an den Türen und den Seitenwänden und konnten dort unsere, gut in Plastetüten verpackten Bücher, verstauen. Zwar klebte alles ganz fürchterlich, denn der Wagen war zwecks Korrosionsschutz vor kurzem erst „hohlraumkoserviert“ worden. Eine gängige Methode, die den Fahrzeugen in Ostdeutschland eine lange Lebensdauer verleihen sollte. Diese war auch sehr notwendig bei den enormen Beschaffungsschwierigkeiten damals.

Kurz um, als alles wieder gut verschraubt war, verabschiedeten wir uns von der Tante und der schnatternden Gans, die nicht sterben musste. Wir fuhren mit klopfenden Herzen in Richtung DDR-Grenze bei Zittau. Uns stand der Angstschweiß auf der Stirn, als wir an den Schlagbaum kamen. Aber auch die Zöllner schwitzten bei immer noch mehr als 30° Grad Celsius und wollten schnell wieder in den Schatten. So fielen unsere schweißtriefenden Gesichter gar  nicht weiter auf. Glück gehabt, es war geschafft. Wir atmeten erleichtert auf. Das Abenteuer war geschafft und ich bin von Herzen froh, dass diese Zeiten nun vorbei sind.
„Das war einmal“, und das heißt, ich kann und will mir nicht vorstellen, dass sich heute und in Zukunft vernünftige  Menschen so eine geteilte Welt zurück wünschen.