Sonnenblumen
Immer wieder schön, ob auf
dem Feld oder in einer großen rustikalen Vase. Das fand wohl auch Vincent van
Gogh und malte in den Jahren 1888/89 gleich eine ganze Serie des gleichen
Motivs. So entstanden wohl die weltweit bekanntesten Sonnenblumen. Im Van Gogh
Museum in Amsterdam konnten wir sie
unlängst bewundern. Es war faszinierend für uns und die vielen anderen Besucher
aus aller Welt, vor diesen berühmten Gemälden
zu stehen. Eine gute Energie schien von den Bildern Van Goghs auszugehen und
erfüllte die Betrachter mit Freude.
Letzten Sonntag brachte
unser Besuch einen großen Strauß
Sonnenblumen, andernorts auch
Sonnenrosen genannt, für uns als Geschenk mit. Nun stehen diese in einer schlichten Vase aus Keramik
auf dem Sideboard vor dem Spiegel. So wird nicht nur ihre Anzahl verdoppelt,
sondern ihr leuchtendes Gelb wird dadurch noch strahlender. Zwar sind unsere
Sonnenblumen lange nicht so teuer, wie eines der berühmten Gemälde von Van
Gogh, aber sie sind lebendig und schön und erfreuen uns.
Mich beeindruckten
Sonnenblumen schon immer. Denn im Sommer leuchtet einem ein Feld voller Sonnenblumen wie ein gelbes Meer entgegen. Und
das wunderbare daran ist, dass sich alle Sonnenblumen immer nach dem Stand der
Sonne ausrichten. Der Botaniker nennt das in der Fachsprache "Heliotropismus".
Dieser sorgt dafür, dass die Sonnenblume immer die volle Energie für ihr Wachstum
aufnehmen kann. Und energiegeladen sind die Sonnenblumen letztendlich ja auch. Ihre reifen Kerne dienen dabei
nicht nur den Vögeln des Himmels als willkommene Nahrung, sondern das gewonnene
Öl ist wohl aus keiner Küche wegzudenken. Auch für die Biogasgewinnung ist die Sonnenblume als Ganzes ein wichtiger
Faktor. Das Bild einer Sonnenblume muss sogar für „Die Grünen“ als
Parteilogo herhalten. Die Sonnenblume nimmt es, wie es kommt.
Abgesehen davon ist der "Heliotropismus", die ständige Ausrichtung der Sonnenblumen auf die Sonne, ein
sehr schöner Bildvergleich für ein gelingendes Leben auch im übertragenen Sinne für uns
Menschen. Die Sonnenblumen verdrehen nämlich ihre Blütenköpfe nicht beliebig in alle
möglichen Richtungen, sonders sie haben ihren Orientierungspunkt, die Sonne. Von
dieser beziehen sie ihre Energie, wachsen und reifen.
Mir scheint so eine Orientierung vielen Menschen heute zu fehlen. Sie schauen suchend mal dahin und
mal dorthin. Ständig wechselnde
Trends und neue Hypes bestimmen ihr
Leben. Sie sind hin und her gerissen und sind immer in Sorge, die aktuellste Mode zu
trage, den hipsten Haarschnitt zu haben, die gerade angesagte Musik zu hören,
das richtige zu denken und zu sagen. Das erzeugt permanente Hektik. Diese bestimmt nicht nur die
Alltagswelt in Schule, Beruf und Freizeit, sondern besonders das Innere der Menschen
kommt nicht mehr zur Ruhe. Es ist unendlich schwer, ohne einen Orientierungspunkt
den richtigen Weg zu finden und ihn in Ruhe und Gelassenheit zu gehen. Driften
deshalb vielleicht so viele nach rechts oder links ins Extreme ab?
Sonnenblumen haben
ihren Orientierungspunkt, die Sonne als Mittelpunkt unseres Sonnensystems, um
den sich alles dreht. Danach richten sie sich Tag für Tag aus und kommen dadurch zur Reife. Ob nicht manches
unreife und extreme Verhalten in unserem Land und in dieser Zeit auf eine fehlende oder fehlgeleitete Orientierung zurückzuführen ist?
Ich mag Sonnenblumen, nicht nur weil sie selbst wie kleine Sonnen leuchten, sondern
weil sie uns so viel über die tieferen Wahrheiten des Lebens sagen können.