Montag, 6. Oktober 2014


Alte Karten – neue Wege


Das Wetter am Sonntag war sonnig, und wir entschlossen uns kurzfristig, einen Ausflug mit einer Wanderung irgendwo in der Dübener Heide zu machen und den Tag zu genießen. Kurzerhand packte ich eine Landkarrte aus diesem Gebiet ein und los ging es. Unterwegs stellten wir aber fest, dass die Wegführung auf der Karte überhaupt nicht mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Straßen waren ausgebaut, Ortsumgehungen waren geschaffen worden, kleine Orte nicht mehr da, ja die Landschaft hatte sich enorm verändert. Da war direkt an der Straße ein großer See, dort wo auf  der Karte noch kleine Orte und trockenes Land zu sehen waren.

Ein erneuter Blick auf die Karte brachte schnell die Lösung. Ich hatte eine Landkarte aus dem Tourist Verlag der DDR, vierte Auflage von 1984 mitgenommen. Wir waren sehr erstaunt, wie sich doch in dreißig Jahren so vieles verändert hatte. Nun möchte ich nicht das oft zitierte Wort von den „blühenden Landschaften“ strapazieren, aber vieles hat sich eindeutig in der vergangen Zeit  zum Besseren gewandelt. Jeder der die Bitterfelder Gegend kennt, wird das bestätigen.

Meine Erkenntnis war aber eine ganz andere. Ist es nicht in unserem persönlichen Leben, in Kirche und Gesellschaft oft so, dass veraltetet Karten, Pläne und Maßstäbe  benutzt werden? Wen wundert es dann, wenn die Wirklichkeit nicht mehr mit dem alten Plan übereinstimmt? Muss denn nun die neue Straße zurückgebaut werden, der entstandene See wieder ausgetrocknet werden, nur weil beide nicht auf der alten Landkarte eingezeichnet sind? Sinnvoller Weise wird man doch die  Landschaft neu vermessen, kartographieren und dann den Menschen diese neue Karte als Orientierungshilfe an die Hand geben.

Der Sinn und der Zweck so einer Landkarte, einer Richtlinie und Norm aber bleibt doch stets der gleiche. Sie sollen den Menschen helfen, ihr Ziel zu erreichen. Die Wege dahin aber werden in veränderten Lebenssituationen eben auch neue sein müssen. Das heißt doch nicht, dass die alten Karten, nur weil sie alt sind, völlig falsch waren. Sie haben zu ihrer Zeit sicher ganz vielen Menschen geholfen, ihr Ziel zu erreichen. Auch kann sich nicht jeder seine eigene Karte erstellen und diese für absolut erklären. Landkarten müssen allgemein gültig sein und für jeden Menschen gangbare Wege aufzeigen. Trotzdem wird es auch, wie jedes gute Navigationssystem es heute anzeigt, alternative Routen und Sonderwege geben.

Jeder Gesetzgeber und jede Institution hat nicht nur das Recht, sonder auch die Verpflichtung, für ihren Bereich solche Orientierungshilfen zu geben, aber nicht, ohne diese auch von Zeit zu Zeit einer Überprüfung an Hand der sich verändernden Lebenswirklichkeiten zu unterziehen.

Dies ist eine bleibende Herausforderung für jeden, der den Menschen Weisungen und Orientierungen für das Leben geben will. Er muss sich bemühen, die Wirklichkeit möglichst genau mit dem Entwurf in Übereinstimmung zu bringen, ohne dabei die Wahrheit zu verfälschen und das Ziel aus den Augen zu verlieren!

 

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