Mittwoch, 14. Oktober 2015


Der Kaktus unserer Nachbarn


In diesem Sommer hat  der  Kaktus auf dem Balkon unserer Nachbarn wieder in voller Blüte gestanden. Diese Blütenfülle war eine wirkliche Pracht und ein echter Hingucker. Da konnte man schon mal richtig neidisch werden. Nach gut einer Woche war von  der ganzen Blütenpracht aber nichts mehr zu sehen. Keine einzige Blühte zierte den Kaktus. Grün und stachlig stand er etwas verloren auf  der Brüstung des Balkons, denn merke, auch die schönsten Blüten sind oft nur von kurzer Dauer.

Trotzdem können sich viele Menschen nicht über das Schöne freuen, was andere haben oder was ihnen besonders gelingt. Sogleich schleichen sich Neid und Missgunst bei ihnen ein. Sie sehen zwar den Erfolg, die Blüten, aber nicht die Mühe, die dahinter steckt. „Ohne Fleiß kein Preis“, das scheint für andere nicht zu gelten, denen gelingt einfach alles. Neidische Menschen quält ständig der Gedanke: „Wieso geht es allen anderen besser als mir?“ Wenn Menschen anfangen, sich mit anderen zu vergleichen, dann tun sie es bekanntlich aus einem sehr subjektiven Blickwinkel. Dieser einseitige Blick auf die anderen, macht sie selbst neidisch und ungerecht. Das liegt wohl auch daran, dass sich „Jede“ und „Jeder“ gern mit denen vergleicht, die es anscheinend besser haben. 

Dabei schauen Frauen oft neidisch auf jene ihrer Artgenossinnen, die schlank und rank sind und trotzdem alles und in jeder Menge essen und trinken können. Das ist ja so ungerecht und unendlich gemein. Männer blicken schon einmal neidvoll über ihren eigenen Bierbauch hinweg auf die muskulöse und athletische Gestalt ihres Nachbarn, der stets alle bewundernden Blicke auf sich zieht.  Dass er sich mehrmals in der Woche im Fitnessstudio abmüht, ja quält, das übersehen sie geflissentlich. Schlechtere Schüler verstecken ihren Neid auf die guten Noten ihrer Mitschüler, indem sie diese als Streber verunglimpfen und sich selbst für ach so cool halten. Da hilft auch keine noch so geschickte Selbsttäuschung,  das zu verbergen, denn der Neid bohrt trotzdem weiter und quält ungemein.

In unserer Gesellschaft fühlen sich heute viele Menschen als Verlierer und von der ganzen Welt betrogen. So wird es immer wieder gezielt berichtet. Riesige „Neiddebatten“ werden darüber geführt und  immer  wieder neu angeheizt. Missgünstig wird der Blick auf alle gerichtet, denen scheinbar alles gelingt, die gute Posten haben und denen es so viel besser geht. Durch solchen, zumeist geschürten Neid, werden Menschen dann unzufrieden und sogar böse. Wo aber die Zufriedenheit sinkt, ist  letztlich auch der Friede im Kleinen wie im Großen gefährdet.

Neid und Missgunst werden dort geringer oder verschwinden gar, wenn wieder mehr Menschen anfangen, sich nicht  mehr mit denen zu vergleichen, die es scheinbar besser haben, sondern mit denen, die es wesentlich schlechter haben. Und von ihnen gibt es bekanntlich  mehr als genug auf dieser Welt.

Wer also genau dahin schaut, wird weniger neidisch sein. Das würde so manchen Zeitgenossen zufriedener und dankbarer machen. Denn die Frage lautet dann nicht mehr: “Warum geht es mir schlechter als anderen“, sondern „Warum geht es mir eigentlich besser als so vielen  Menschen auf dieser Erde?“ 

Der Mensch,  der immer nur auf das Aussehen, den Reichtum und die Postion  anderer schielt und sich mit ihnen vergleicht, der wird unzufrieden, missgünstig und neidisch. Dieses einseitige Vergleichen, macht Menschen nicht nur bitter und ungerecht, sonder auch ziemlich unglücklich.

Zeigt uns doch das Leben immer wieder, worauf Menschen heute neidisch sind, das kann morgen schon vorbei und „verblüht“ sein, wie die schönste Blüte an Nachbars Kaktus. 



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