In Halle an der Saale steht
auf dem Marktplatz ein markanter Turm. Es ist der „Rote Turm“. Viele Male bin
ich schon daran vorbei gegangen, habe auf die Turmuhr geschaut, die sich dort
oben befindet, und habe mir nichts weiter gedacht. Doch als ich im letzten
Sommer einigen Besuchern die Stadt zeigen wollte, stolperte ich förmlich über
diesen Turm. Genauer gesagt über dessen Namen: „Roter Turm“. Da fiel mir eigentlich
erst auf, dass der Turm doch gar nicht
rot ist.
Meine Recherchen ergaben daraufhin
ganz unterschiedliche Deutungen. Eine geht davon aus, dass das ursprüngliche
Kupferdach rot erstrahlte, der wahrscheinlichere Grund ist der, dass dort am
Turm das sogenannte Blutgericht abgehalten wurde. Ein dritter Grund ist die
Annahme, dass sein Name einen Bezug zum Namen des am Bau beteiligten
Architekten Johannes Rode hat und deshalb der „Rode-Turm“, später der rote Turm genannt wurde. Wie es auch sei,
heute gehört der rote Turm, der gar nicht rot ist, zur Silhouette der Stadt Halle
und nur wenige wundern sich über den Namen.
Beim Nachdenken darüber
kamen mir noch weitere Bezeichnungen und Namen in den Sinn, bei denen der
Inhalt nicht oder nicht mehr mit der Sache übereinstimmt. Und trotzdem weiß
jeder, was damit gemeint ist.
Handwerker messen noch
immer mit ihrem „Zollstock“ die Länge einer Dachlatte oder eines Rohrs ab. Ursprünglich war das ein
abgeschnittenes Stück Holz, mit dem Maß genommen wurde. Auch die spätere
Maßeinteilung Zoll (ein Zoll gleich 2,56 cm) ist längst dem metrischen Maß
gewichen und die heutige, korrekte Bezeichnung lautet „Gliedermaßstab“, die
aber keiner benutzt. Wenn nun der Meister nach dem Zollstock verlangt, weiß
jeder Lehrling, Verzeihung, jeder „Auszubildende“ gleich Bescheid und er bringt
den „Zollstock“, der gar nicht mehr nach Zoll eingeteilt ist, zum Chef.
Selbst beim Telefonieren
mit einem Smartphone kann man immer noch hören: „Der hat doch einfach
aufgelegt“. Wie soll das eigentlich gehen? Bestenfalls drückt man die Taste zum
Beenden oder wischt einfach über das Display. Trotzdem versteht jeder den
gemeinten Sachverhalt. Das Gespräch ist beendet. Wie auch immer das gemeint
war.
Natürlich hörte beim Geld schon
immer die Freundschaft auf. Da wird genau auf Heller und Pfennig abgerechnet.
Kein Mensch fragt sich dabei, wieso Heller und Pfennig? Haben wir nicht bereits
seit dem Jahr 2000 Euro und Cent? Doch egal, die Bilanz muss einfach stimmen.
Und wenn an einer Stelle in
der Gesellschaft die Mittel knapp sind, kommt prompt der Ruf, meistens aus der
Opposition: „Da muss der Staat doch einfach mal „Geld in die Hand nehmen“, um
diesen Zustand zu beenden. Wer nimmt
denn in solchen Größenordnungen noch Geld in die Hand? Dafür ist längst
der elektronische Zahlungsverkehr üblich, bei dem die Geldströme weltweit
bewegt werden. Selbst Brot und
Brötchen beim Bäcker werden immer häufiger mit EC-Karten bezahlt. Wer heute
noch größere Summen Bargeld in die Hand nimmt, der macht sich leicht verdächtig,
mit „Schwarzgeld“ zu hantieren. Deshalb wird ja zunehmend die Forderung nach
der Abschaffung des Bargeldes sehr kontrovers diskutiert. Trotzdem weiß jeder,
was damit gemeint ist.
Sicher sind Ihnen allen
auch schon einmal solche oder ähnliche Bezeichnungen aufgefallen. Meistens
denken wir uns gar nichts dabei. Es ist wie es ist. Das gehört zu unserer
Sprache und zu unserem Leben. Manchmal ändern sich die Inhalte im Laufe der
Zeit und trotzdem behalten wir die alten Bezeichnungen bei. Manchmal werden
einfach neue Namen für alte Dinge erfunden und geprägt. Was vorgestern noch "Spitze" war, war gestern eher "cool" und ist heute "Mega geil" und morgen, wer weiß das
schon?
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