Donnerstag, 24. Oktober 2013

Still ruht der See – oder der laute Ruf nach Stille



„Seid doch endlich einmal still!“, erschallt der etwas ärgerliche Ruf der Klassenlehrerin vor dem Denkmal auf dem Marktplatz der Stadt. Die Kinder werden etwas leiser und nun können sie auch hören, was ihnen jetzt erklärt wird. 
Doch nicht nur den Kindern fällt es heute oft sehr schwer, still zu sein und zuzuhören. Ein hoher Lärmpegel beherrscht unseren ganzen Alltag. Vielfach merken wir es gar nicht mehr. Es scheint nur noch Lautstärke zu zählen. Nach dem Motto, wer am lautesten schreit, der gewinnt. Die leisen Töne gehen dabei einfach unter. Der aus dem Lärm und Getöse resultierende Stress wird wiederum lautstark beklagt, aber nur selten etwas daran geändert. Die Gewohnheit vieler, nur noch mit Geräuschkulisse zu arbeiten, zu lernen, zu leben, lässt sich nur schwer ablegen. Wenn die Berieselung einmal fehlt, werden manche Zeitgenossen buchstäblich nervös. 
Schon beim Starten des Autos schaltet sich das Radio ein, der erste Griff beim Betreten der Wohnung geht zur Fernbedienung, um den Fernseher einzuschalten. Bei jeder Tätigkeit, ob Hausaufgaben oder Küchenarbeit, läuft die Musik im Hintergrund. Ohne Beschallung geht scheinbar nichts mehr. Ist das noch gesund? Das ist es sicher nicht. Längst ist medizinisch erwiesen, dass Lärm krank macht. Aber nicht nur Hörschäden sind die Folge von zu lauter Musik, Maschinenlärm und anderem Krach, sondern besonders die Psyche des Menschen wird krank. Nervosität, innere Unruhe, Konzentrationsschwäche sind das Ergebnis. Und das Schlimmste ist, dass der Betroffene es erst gar nicht merkt, dass ein wenig Ruhe und Stille ihm gut tun würden. Doch diese hält der moderne Mensch in unserer Zivilisation am aller wenigsten aus. Bereits der Philosoph Blaise Pascal wusste dies schon, wenn er sagt: “Alles Unglück der Menschen entstammt einem, dass sie nämlich unfähig sind, in Ruhe allein in ihrem Zimmer bleiben zu können.“ Die Stille deckt auf, was wirklich in uns ist. Diesem eigenen Inneren gegenüber zu treten und zu erfahren, wer ich  bin, wollen und können sich viele nicht stellen. 
Stürzen Sie sich deshalb lieber in den krankmachenden Lärm, weil sie es mit sich selbst nicht aushalten? „Seid doch endlich einmal still!“ Dieser Aufruf der Klassenlehrerin gilt wohl auch uns. Einfach mal abschalten, allen Lärm um uns und in uns, das ist allein wichtig. Dann spüren wir plötzlich eine  „himmlische Stille“ und können so dem „höllischen Lärm“ entfliehen. Die Stille ist ein wahres Geschenk des Himmels. Hier kann jeder die Seele baumeln lassen, wie an einem stillen Waldsee.

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