Donnerstag, 13. August 2015


Hallo, Vermittlung!

Auch wenn ich nicht mehr der Jüngste bin, so habe ich  doch die Telefonie in dieser Form nicht mehr selbst erlebt. Trotzdem beeindruckt mich  die alte Technik,  wie man sie im Museum oder in  alten Filmen sehen kann. Das „Fräulein vom Amt“ hatte damals die Aufgabe, den Anrufer durch das „Umstöpseln“ der Kabel mit einem anderen Gesprächsteilnehmer zu verbinden. Da es noch keine Direktverbindungen gab, mussten die Gespräche auf diese Weise vermittelt werden. Auch wenn das heute technisch längst überholt ist, bleibt  der „Dienst der Vermittlung“ zwischen den Menschen eine ganz wichtige Aufgabe.

Leider ist diese Fähigkeit zu vermitteln,  in unserer Gesellschaft  recht wenig ausgebildet. Die Kommunikation läuft deshalb schnell ins Leere oder wird sogar zur Konfrontation. Es wird häufig aneinander vorbei geredet. Jeder möchte einfach nur  seine eigenen Vorstellungen und Ideen, auf  die er sich fixiert hat, durchboxen. Da kommen dann gute Gedanken und Vorschläge eines anderen einfach auf  der  falschen Leitung  an und sie finden nicht zueinander.

Ein Grundproblem im Miteinander der Menschen, im Kleinen wie im Großen, ist gestörte Kommunikation und fehlende Vermittlung. Es fängt bereits in der Familie an. Ohne Vermittlung, ohne Ausgleich zwischen allen Familienmitgliedern geht es nicht. Sonst wird sich mindesten immer einer  unverstanden oder gar benachteiligt fühlen. Mütter sind dabei die besten Vermittler. Die Kinder profitieren davon und kommen mit ihren Anliegen und Bitten oft zuerst zur Mutter, „kannst du Vater mal fragen, ob ich am Sonntag das Auto haben kann?“ Vater ist da sehr konsequent und hätte sicher gute Argumente, nein zu sage. Mutter redet so lange mit ihm , bis er zustimmt. Alle sind zufrieden.

Das ist doch wohl ein Beispiel für gute Vermittlung: Zuhören, reden, Argumente austauschen, die Argumente des anderen zu verstehen suchen, Kompromisse finden, dem anderen auf Augenhöhe begegnen, nicht von  oben herab, nicht fordernd agieren, den richtigen Ton  finden. Wenn das einer Mutter gelingt, warum klappt das in unserer Gesellschaft, in Politik, Kirche und Wirtschaft so selten oder gar nicht mehr?

Kaum eine Veränderung oder ein neues  Gesetz  wird doch von den Politikern so vermittel, dass es alle verstehen und akzeptieren können. Und schon wird alles buchstäblich in der Luft zerrissen und Konfrontation aufgebaut. Nicht die Gesetze sind schlecht, sondern sie werden schlecht oder gar nicht vermittelt. Wer möchte sich heute noch etwas einfach überstülpen lassen? So ist es auch mit alten Traditionen und Werten. Diese müssen für die heutige Zeit vermittelt werden, um ihre bleibende Gültigkeit verständlich zu machen. Nicht alles aber, was alt ist, ist deshalb auch gleich veraltet. Und nicht alles Neue ist deshalb gleich gut und richtig. Da ist Klugheit gefragt, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Wer unnützen Streit  und Konfrontation vermeiden will, muss also schon im Vorfeld an eine gute und sachgerechte Vermittlung  denken und diese mit großer Geduld betreiben, damit auch der letzte Skeptiker überzeugt wird. Wo so ein Konsens gefunden wird, gibt  es hinterher keine harsche Kritik. Dabei macht sicher auch hier der Ton die Musik. Das ist bekanntlich  ein Riesenproblem in den Auseinandersetzungen und Debatten. Die unendlichen Verbalatacken in aller Öffentlichkeit lenken doch eher vom Kern des Geschehens ab.

Unsere Gesellschaft hat wenig Probleme beim Finden von Lösungen, auch von schwierigen und sehr komplexen. Das große Problem ist, dass die guten Lösungen nicht als solche auch allen vermittelt werden können. Wer nicht weiß, was der andere wirklich meint, ist verunsichert und eher skeptisch. Wer  weiß, was dahinter steckt?

Der "Dienst der Vermittlung", wie ich ihn hier einmal bezeichnen möchte, ist gewiss nicht leicht, aber in allen Bereichen des Zusammenlebens von Menschen dringend nötig. Es gibt in unseren Tagen riesige Probleme in unserem Land und darüber hinaus. Global denken und handeln ist das erklärte Ziel. Das muss aber auch allen Beteiligten kompetent und verständlich vermittelt werden, sonst wird daraus nichts. Wer hierbei überheblich denkt und handelt, in der Meinung, die anderen verstehen  es eh nicht, der schafft keine Verbindung, kein Miteinander, sondern der baut Barrieren auf und kappt lebensnotwendige Leitungen.  „Tote Leitungen“ nützen aber keinem und lösen keine Probleme. Kein Anschluss unter dieser Nummer!


 

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