Die letzte Kugel am Baum
Wenn
die letzte Kugel vom Weihnachtsbaum genommen ist, die letzte Kerze erloschen
ist, die letzten Plätzchen lange aufgegessen sind, dann ist die Weihnachtszeit
endgültig vorbei.
So
manchen packt dann vielleicht eine große Wehmut angesichts des kahlen Weihnachtsbaums, der
nun all seinen Glanz verloren hat. Es hat so etwas Endgültiges. Jeder spürt, alles
ist vergänglich. Die grünen Nadeln und Zweige des Baumes sind vertrocknet und
kahl. Das Grün und die Frische des Baumes waren doch so etwas wie ein Hoffnungs-zeichen
an den Festtagen und in der Dunkelheit des Winters, wo alles so trostlos in der
Natur und im Leben erscheint. Nun ist es auch damit vorbei. An den
Sammelstellen häufen sich die abgetakelten Bäume und warten auf ihren
Abtransport. Manche liegen auch auf den Straßen und Wegen der Stadt, achtlos
weggeworfen und illegal entsorgt.
Der
Blick auf diese Überreste, auf das, was vom Fest und vom Leben übrig bleibt,
kann einen schon betroffen machen. Viele Menschen verschließen sich lieben diesen
Gedanken, schieben sie weg oder überspielen sie. Alles Endgültige macht nämlich
Angst. Wirkt lähmend und lässt
erschaudern. Deshalb möchte man nicht länger darüber nachdenken und geht
schnell zum nächsten Event über. Auf
die lustige Weisen besingt man deshalb das Ende in einem Faschingsschlager so: „Alles hat
ein Ende, nur die Wurst hat zwei…“ Dazu wird getanzt und geschunkelt, denn es ist ja
eh alles Wurst, oder was?
Und
trotzdem macht jeder immer wieder diese Erfahrung, dass etwas zu Ende geht. Ja,
auch zu Ende gehen muss, damit etwas Neues beginnen kann. So endet der eine Lebensabschnitt
und ein neuer beginnt. Als Kinder konnten wir nicht schnell genug erwachsen
werden, versprachen uns alles davon. Als Ältere möchten wir die vergehenden
Jahre lieber langsamer laufen lassen oder schon mal anhalten. Jeder
Lebensabschnitt bringt äußere und innere Veränderungen mit sich, das
verunsichert und macht Angst. Im Laufe der vielen Jahre wird fast ein anderer
Mensch aus uns. Diese Veränderungen sind nicht für jeden gleicht gut zu
ertragen. Wir können dieses Werden und Vergehen nur deshalb verkraften, weil jedem Menschen eine unstillbare Sehnsucht nach Leben innewohnt. Wer stets nur
wehmütig zurückschaut und den Verlust des Vergangen betrauert, der wird schwermütig und krank. Da ist es doch gesünder,
den Blick nach vorn zu richten und sich mental zu öffnen für das Kommende.
Oder
wie es der spanischer
Philosoph und Dichter Miguel de Unamuno y Yugo sagt: „In jedem Ende liegt ein neuer Anfang“. Je
mehr wir uns diese Sichtweise zueigen machen, umso leichter fällt es uns, nicht
nur von unserem Weihnachtsbaum Abschied zu nehmen, sondern auch anderes im
Leben los zu lassen.
Dann
sollte es uns doch leichter gelingen, mit dem ehemaligen UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld aus ganzen Herzen zu sagen: „Für
das Vergangene - Dank. Für das Kommende - Ja!“
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