„Mit Kanonen auf Spatzen schießen“
Ja, genauso kommt es mir
vor, wenn ich einmal in eine Talkshow hinein zappe oder die vielen hitzigen Kommentare
in der Presse oder im Internet in den einschlägigen Foren lese. Da werden oft belanglose Themen
ins Unendliche aufgeblasen und dabei steigern sich die Teilnehmer immer mehr
hinein, bis sie selbst an ihre eigenen Worthülsen glauben. Das wirklich Große
und Wichtige erscheint dagegen uninteressant und nebensächlich. Es geht zu wie
auf dem Schlachtfeld. Erbittert und oft unfair wird dabei mit harten Bandagen gekämpft.
Mächtige Geschütze werden aufgefahren, wenn es
darum geht, die mediale Meinungshoheit zu wahren oder zu gewinnen. Das erste Opfer ist natürlich
auch auf diesem „Schlachtfeld“ die Wahrheit. Darum scheint es den meisten
Kämpfern auch gar nicht mehr zu gehen. Was zählt ist der Sieg der eigenen
Meinung. Um diesen zu erzielen, scheint jedes Mittel gerechtfertigt zu sein, ob
es angemessen ist oder nicht. Der Gegner ist immer der, der es wagt, eine vom Mainstream
abweichende Meinung zu vertreten. Er muss zum Schweigen gebracht werden und wird deshalb gnadenlos niedergemacht.
Hierbei wird nicht mit
Kanonen auf Spatzen geschossen, sondern gezielt auf den Gesprächspartner
gefeuert. Wer zuerst schießt, hat die größten Chancen zu überleben. Angriff ist
die beste Verteidigung, persönlich verletzende Tiefschläge inbegriffen. Wer
Schwäche zeigt, hat schon verloren. Die offene Flanke wird sehr schnell und
treffsicher von dritter Seite ausgenutzt und einfach drauf gehalten. Ganz egal,
ob der Schuss oder der Stich in die Brust oder in den Rücken geht, alles scheint dabei erlaubt. Schon die
Auswahl der Teilnehmer an so einer Talkrunde lässt erahnen, wer als Verlieren vom
Platz gehen soll. Die Kampfreihen sind aufgestellt. Die Sympathie der Zuschauer entsprechend verteilt.
Wenn die Kämpfer langsam
müde werden oder sogar einmal einen Konsens gefunden haben, dann gießt
garantiert der Moderator oder die Moderatorin unfair noch einmal Öl ins Feuer
oder eröffnet eine zweite und dritte Front, damit das Hauen und Stechen
weitergeht. Dreiste Lügen, Entstellungen jeder Art und Vorverurteilungen gehören zur psychologischen Kriegsführung und befördern das Geschäft. Am Ende der Schlacht aber,
wie so häufig auf den Schlachtfeldern der Geschichte auch, gibt es keine
ruhmreichen Sieger, sondern nur geschlagene Verlierer auf allen Seiten.
Denn
wer sich so entblödet, in Wort und Schrift in primitivster Weise zu agieren,
der stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus. Das merken wohl immer mehr Leser und Zuschauer und lassen sich nicht länger für dumm verkaufen. Sie wünschen sich wieder eine gesunde Streitkultur, in der es allen Beteiligten mehr um die Sache und die Wahrheitsfindung geht
und nicht darum, sich selbst darzustellen und die anderen kaputt zu machen. Kanonen sind dabei wahrlich kein geeignetes
Mittel.
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