Samstag, 1. Februar 2014


Analog oder digital


Dieser Fotoapparat steht nun schon viele Jahre im Bücherregal. Er gehörte einst meinem Vater und erinnert mich an ihn und so manches Foto in schwarzweiß  aus meinen Kindertagen. Zugleich regte dieser alte Fotoapparat mich zu den folgenden Gedanken an.

Wie hat sich doch im Laufe der Jahrzehnte die Photographie verändert, bis hin in die neue Schreibweise „Fotografie“. Noch viel rasanter war aber die Entwicklung von den Anfängen im frühen 19. Jahrhundert bis heute. Schon die abgebildete Kamera aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wirkt da wie ein altes Museumsstück. Aber keine Angst, ich werde mich jetzt nicht in geschichtlichen und technischen Details verlieren.

Die vielfältigen Vorteile der neuen Technologien sind nur schwer von der Hand zu weisen. Was kann ich nicht alles mit einem digitalen Bild machen? Super schnell kann ich es bearbeiten, störende Details einfach wegschneiden, es aufhellen, ausdrucken oder per Mail versenden und es im Internet veröffentlichen. Tolle Möglichkeiten, an die ich mich auch sehr schnell gewöhnt habe und sie nicht mehr missen möchte.

Und trotzdem geht für mich bei der digitalen Fotografie etwas Wesentliches verloren. Als ich noch vor wenigen Jahren auf Reisen ging, da nahm ich immer etwa zehn Diafilme mit. Das war dann mein Kontingent, das mir zur Verfügung stand. Weil der Vorrat auf etwa 360 Bilder begrenzt war, wählte ich jedes Motiv sehr bewusst aus und achtete auf die richtigen Einstellungen des Fotoapparates, bevor ich auf den Auslöser drückte.  
Heute dagegen sind die Möglichkeiten ganz andere,  die Anzahl der Bilder ist schier unbegrenzt und  sie können ja schnell wieder gelöscht werden. Es wird also sehr viel herumgeknipst und das immer und überall, ob es passt oder nicht. Die Flut der Bilder nimmt heute inflationär zu. Was mir bei der digitalen Fotografie fehlt, ist die gewisse Spannung, ob und wie die Bilder geworden sind. Schließlich brauchte es eine längere Zeit, bis die Filme entwickelt waren und vom Fotolabor zurückkamen. Erst dann konnte ich das Ergebnis sehen, welches von meinem Geschick und Können zeugten. Die einzelnen Bilder hatten daher eine viel größere Bedeutung. Sie waren quasi noch „handgemacht“.
Anhand dieses  Beispiels der Entwicklung in der Fotografie, meine ich ganz allgemein auch Veränderungen im menschlichen Verhalten festzustellen, die sich auf alle Lebensbereiche in unserem Alltag auswirken. 
Heute muss alles schnell gehen. Sofortlieferung bevorzugt! Das Ganze natürlich zu jeder Zeit und überall und dazu billig.  Was nicht gefällt, wird zurück geschickt, notfalls aufgehellt, bearbeitet oder einfach weggeschnitten. Dadurch wird das Leben der Menschen zwar leichter aber immer oberflächlicher. Vieles ist heute schnell reproduzierbar, aber es verliert auch an Wert. Was oder wer nicht ins Bild passt, wird ausgeblendet und quasi aus einer anderen Datei ersetzt. Die Identifizierung mit anderer Menschen und ihren Idealen geht gegen Null, denn alles und jeder ist doch austauschbar.  Das heute geltende Motto: „gleich und sofort“, wovon unsere  schnelllebige Zeit bestimmt ist, hat zur Folge, dass den heutigen Menschen oft die Ausdauer fehlt. Sie können nicht mehr abwarten und verlieren allzu schnell das Interesse an Dingen und Menschen. Geduld ist wahrlich keine modern Tugend. Wer aber diese Spannung nicht mehr kennt und aushält, bei dem kommen leicht Verdruss und Langeweile auf. So werden die Sequenzen im Film und im Leben der Menschen immer kürzer. Dafür werden  stets neue wechselnde und schrille Motive gebraucht, um das „Lebenskino“ am Laufen zu halten. 
Und das Rad des Lebens dreht sich immer schneller! Digital ist das kein Problem, aber ist es auf Dauer auch gut für uns Menschen? 


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