Freitag, 8. November 2013

Der Mauerfall – mehr als ein Durchbruch!


Junge Menschen wollen oft „mit dem Kopf durch die Wand“. Nach dem Bau der Mauer im August 1961 fühlten sich die Bürger der DDR besonders stark in ihrer Freiheit und in ihren Entwicklungsmöglichkeiten durch den politischen Druck des SED-Staates eingeengt, deshalb versuchten immer wieder Menschen, selbst unter Lebensgefahr, das Land zu verlassen. Viele von ihnen scheiterten bei diesen  Versuchen und mussten  dafür oft für Jahre hinter Gitter und unüberwindliche Gefängnismauern. 

Und nun plötzlich konnten von einem Tag zum anderen alle DDR-Bürger nicht nur mit dem Kopf, sondern mit ihrem Trabant oder Lada durch die Sperranlagen und Mauern auf die andere Seite, in den „Westen,“ in die lang ersehnte Freiheit, von der sie sooft geträumt hatten. Wo tags zuvor noch auf jeden der sogenannten „Grenzverletzer“ und „Republikflüchtling“ geschossen worden wäre, waren nun die Zäune und Mauern niedergerissen und gaben nicht nur den Blick, sondern endlich auch den Weg nach 40 Jahren Trennung wieder frei. Auf fast wundersame Weise wurde sozusagen über Nacht ein Kapitel dieser Unmenschlichkeit beendet. 
Das Bild zeigt einen provisorischen Grenzübergang zwischen Ilsenburg und Harzgerode, den ich  am 12. November 1989 ungehindert und frei passieren konnte. Unterwegs wiesen einfache Pappschilder schon die Richtung dorthin.  Ein unglaubliches Gefühl erfasste mich bei der Fahrt durch das Sperrgebiet, den Todesstreifen und zuletzt durch die Mauer. Da musste ich einfach anhalten, zurückgehen und dieses Foto machen. Ein historisches Bild, das mir gerade in diesen Tagen nach so vielen Jahren wieder in die Hände fiel. Die Erinnerungen waren plötzlich wieder ganz lebendig. Mir wurde bewusst, dass Freiheit eben keine Selbstverständlichkeit ist, wie so viele heute meinen. Sie ist ein sehr hohes Gut.
Das Geschehen vom Herbst 89 ist nun Geschichte. Meine, unsere Geschichte aus einem geteilten Land. Mehrere Millionen Bürger unseres Landes aber, die noch keine 25 Jahre alt sind,  haben diese Zeit der Trennung und Unfreiheit nicht mehr erleben müssen. Für sie sind ihre alltäglichen Probleme und Sorgen aber auch die vielfältigen Möglichkeiten von heute doch um vieles wichtiger und interessanter, als die „alten Geschichten“ ihrer Eltern und Großeltern. Für die historische Aufarbeitung aber liegen die Fakten und Daten einfach zeitlich noch zu nah.
Wir aber, die wir diese Zeit erlebt und teilweise erlitten haben, sind dazu berufen, sie nicht zu vergessen oder zu verdrängen. Wir dürfen daran denken, manche voll Wehmut andere auch voller Entsetzen. „Nicht alles war schlecht“, so höre ich es immer wieder. Das mag sicher stimmen, aber es sollte schon differenziert werden, was damit gemeint ist und wer es so sieht.

„Grenzerfahrungen“ gehen stets  an die Substanz des Menschen. Sie bedeuten Trennung, Schmerz und Unfreiheit. Darüber sollte keiner leichtfertig hinweg gehen. Der Fall der Mauer war und ist  durchaus mehr als ein „Durchbruch“ durch Beton und Stacheldraht.  Sich daran zu erinnern und zu denkendas heißt auch immer,  dafür zu danken.

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